«Recht, Moral und Politik»: neueste Universitätsrede

Die 38. Ausgabe der «Luzerner Universitätsreden» umfasst zwei verschriftete Festvorträge: einen von Mirjana Spoljaric Egger, Präsidentin des IKRK, und einen von Bernhard Rütsche, Ordinarius für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie.

Ein Exemplar der 38. «Universitätsreden» in einem der Treppenhäuser der Universität Luzern

Mirjana Spoljaric Egger legt den Fokus in «Der (politische) Vorrang humanitärer Regeln» auf die Bedeutung der Neutralität des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) und jene des humanitären Völkerrechts in der Friedensförderung. Das IKRK helfe in seiner Rolle als neutrale Vermittlerin den Konfliktparteien, Kommunikationskanäle zu schaffen und aufrechtzuerhalten, welche nicht nur Möglichkeiten für humanitäre Lösungen hervorbrachten, sondern oftmals auch erste Schritte zu Friedensgesprächen darstellten. Die Neutralität des IKRK bedeute nicht, vor Kriegsverbrechen die Augen zu schliessen. Im Gegenteil: Diese würden in vertraulichem Dialog angesprochen. «Die 160-jährige Geschichte der Organisation belegt, dass dieser Ansatz zu positiven Ergebnissen führen und Zugang zu Hilfsbedürftigen wahren kann», so die IKRK-Präsidentin. Der Vortrag wurde im vergangenen November im Rahmen des akademischen Feiertags Dies Academicus gehalten.

Prof. Dr. Bernhard Rütsche, Ordinarius für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie sowie stellvertretender Rektor und Prorektor Universitäts­entwicklung, formuliert in «Recht und Moral – eine komplizierte Beziehung» drei Thesen: Formal sollten Recht und Moral als zwei verschiedene Normensysteme auseinandergehalten werden; inhaltlich gebe es zwischen den beiden Systemen Spannungen, zu einem grossen Teil aber auch Überschneidungen. Welche moralischen Normen zu allgemeingültigem, verbindlichem Recht werden, habe primär der demokratische Gesetzgeber zu entscheiden. In einem säkularen Rechtsstaat hätten Gerichte dem Gesetzgeber dann Grenzen zu setzen, wenn er relative, kulturell bedingte Moralvorstellungen über universelle Menschenrechte stellt. Bernhard Rütsche hatte den Vortrag im November 2022 am Dies Academicus gehalten; abgedruckt ist nun eine erweiterte Fassung.

Die Luzerner Universitätsreden enthalten öffentliche Vorträge, die an der Universität Luzern gehalten wurden. Damit sollen wissenschaftliche Inhalte an eine breite Öffentlichkeit vermittelt werden. Die Publikationsreihe, die durch private Mittel finanziert wird, erscheint in unregelmässigen Abständen. In gedruckter Form sind die Luzerner Universitätsreden kostenlos bei der Universitätskommunikation erhältlich.