Studium am Küchentisch statt im Hörsaal

Für viele Erstsemestrige fand der Studienstart vor allem digital statt. Wie haben sie sich mittlerweile eingelebt? Welche Tipps geben sie künftigen Studierenden? Studentinnen der Universität Luzern erzählen aus dem Homeoffice.

Neue Uni, neue Stadt, neue Leute: Für Erstsemestrige bedeutet der Unibeginn eigentlich gemeinsame Vorlesungen, WG-Leben, Studentenpartys und vieles mehr. Mit der Pandemie war vieles davon nicht mehr möglich. Das Semester lief vor allem digital und zu Hause ab. Wie haben unsere Erstsemestrigen ihren Unistart erlebt? Studierende der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät erzählen aus ihrem Alltag:

Valentina Meyer (20), studiert Gesellschafts- und Kommunikationswissenschaften

Aufgrund des Fernunterrichts mache ich nun unterschiedliche Aktivitäten am selben Ort: Schlafen, Lernen, Sport. Ich vermisse es, unterschiedliche Orte zu sehen. Selbstdisziplin war vorher wie auch jetzt kein Problem, weswegen ich mir bei der Umstellung zum Online-Modus im ersten Semester keine Gedanken dazu machte; doch nach einem Monat bemerkte ich, dass es meine Konzentrationsfähigkeit beeinflusste. Das wäre mein Tipp an Erstsemestrige: Eine räumliche Separierung hilft mehr als man denkt.

Ein Vorteil der digitalen Semester ist, dass man bei schlechtem Wetter nicht raus muss – meinen Rucksack habe ich schon länger nicht mehr packen müssen. Auch den vollen Bus am Morgen kann ich mir so sparen. Das digitale Semester hat aber auch einen Vorteil für meine Mutter: da ich seither öfters zu Hause bin, übernehme ich häufig das Kochen, worüber sie sich verständlicherweise freut.

Eine Herausforderung ist das vermehrte Auf-den-Bildschirm-Blicken. Ich merke, dass meine Augen öfters Trocken sind. Das hat sich sogar auf mein Handy-Nutzungsverhalten ausgewirkt; ich lege es nun öfters weg, weil ich schon genug Bildschirme sehe. Die Texte auszudrucken hilft, dass die Augen weniger schnell ermüden. Auch mein Rücken wird durch das viele Sitzen beeinflusst.

Bei manchen Vorlesungen kann ich mich gut, bei anderen wiederum weniger gut konzentrieren – in einer solchen Situation hilft mir ein Fidget-Toy. Das Klicken dieses Infinity-Cubes hört man dank Stummschaltung zum Glück nicht, in der Uni wäre das wohl anders.

Alana Brown (21), studiert Gesellschafts- und Kommunikationswissenschaften

Natürlich ist es immer noch etwas merkwürdig, wenn ich daran denke, dass ich noch nie im Unigebäude war und trotzdem bald ein ganzes Semester dort studiert habe. Trotzdem habe ich mich daran gewöhnt und sehe sogar Vorteile: Ich schlafe seit dem Online-Unterricht acht Stunden pro Nacht im Durchschnitt. Das habe ich noch nie geschafft. Ich schaffe es so gut wie nie vor Mitternacht im Bett zu sein. Seitdem ich genug schlafe, geht es mir körperlich, wie auch psychisch besser.

Achtung, Schleichwerbung: Sicherlich trinke ich seit dem Online-Unterricht mehr als genug Kaffee aber dafür ist es der Beste, den es gibt! Und das Beste ist, dass ich mir jederzeit einen rauslassen kann, so viel und so oft ich möchte, niemand sonst ansteht und ich nicht jedes Mal dafür bezahlen muss. Trotzdem ist es etwas traurig, ihn immer alleine zu trinken, statt mit meinen Mitstudentinnen und -studenten.

Wegen des vielen Sitzens habe ich es mir angewöhnt, über den Mittag eine Runde spazieren zu gehen. An der frischen Luft können sich auch meine Augen etwas entspannen. Durch diese kleinen Pausen kann ich zwischendurch die Sonne und die Aussicht geniessen sowie die Beine etwas vertreten. Ich schätze mein Quartier seither viel mehr und merke, wie gut die Natur dem Körper tut.

Früher gabs für mich zum Mittag ein kleines Sandwich, das ich meist im Stress am Morgen noch zubereitet hatte oder die Überreste vom Vorabend, welche ich dann aber nie aufgewärmt habe, weil an unserer Kanti immer viel zu viele Schüler die Mikrowellen benutzen wollten. In der jetzigen Situation habe ich die Zeit und eine ganze Küche im Haus meiner Eltern zur Verfügung und kann mir ohne Stress das Mittagessen zubereiten, auf das ich Lust habe.

Tanzen ist meine Leidenschaft. Ich tanze oder unterrichte Tanz fast täglich und war mir sicher, dass ich, wenn ich an die Uni gehe, viele Kurse streichen muss, weil ich durch den langen Weg dorthin und zurück viel Zeit verliere und zu vielen Kursen gar nicht pünktlich erscheinen könnte. Dank dem Online-Unterricht spare ich viel Zeit und kann meine Kurse weiterhin besuchen. Leider nur in kleineren Gruppen und stets mit Maske, aber besser als nichts.

Zu Hause Unterricht zu haben, spart viel Zeit ein. Ich stehe auf, hole mir einen Kaffee und nach zehn Minuten beginne ich bereits zu arbeiten. In den Pausen zwischen den Veranstaltungen kann ich bereits etwas zu lesen beginnen. Am Nachmittag kann ich noch weiterarbeiten, ohne den langen Nachhauseweg einrechnen zu müssen. Durch diese Effizienz habe ich fast jedes Wochenende frei und kann unterwegs sein, etwa um auf Wanderungen zu gehen und schöne Aussichten zu geniessen. So bin ich dann auch immer wieder ausgeruht für die folgende Woche.

Lorena Graf (22), studiert Gesellschafts- und Kommunikationswissenschaften

Nebst meinem Computer und anderen Schreibmaterialien und Notizheften befinden sich seit einigen Wochen weitere Dinge auf meinem Pult: Snacks und Knabbereien, diverse Getränke wie Tee, Wasser und natürlich eine Menge Kaffee. Neu besitzen wir auch einen Entsafter, mit welchem wir diverse Säfte in den verschiedensten Kombinationen machen können. Diese geben uns in der jetzigen Zeit die nötigen Vitamine und die Ausdauer, den Alltag am Computer zu meistern.

Auch der Tagesrhythmus hat sich verändert. Einerseits fällt der Weg zur Universität weg und somit kann mehr Zeit eingespart werden, andererseits fehlt dadurch die nötige Bewegung zwischen den Lektionen. Da die Pausen zwischen den Lektionen teilweise länger sind, ergeben sich gute Möglichkeiten, an die frische Luft zu gehen und sich zu bewegen. So bietet sich die Gelegenheit, die persönliche Fitness zu verbessern und Anstehendes zu erledigen.

Da wir nun öfters zu Hause bleiben und es draussen kälter und dunkler wird, haben wir beschlossen, wieder einmal die Backformen hervorzuholen und zu backen. Jetzt, da viele Menschen alleine sind und es mir die Zeit nach den Online-Vorlesungen erlaubt, verteilen wir auch manchmal die selbstgemachten «Guezli» in unserem Wohnhaus und bei Freunden, worüber sich alle freuen. So ergibt sich auch die Chance, sich mit anderen auszutauschen und sich Zeit für die Mitmenschen im Umfeld zu nehmen.

Franciska Coric (22), studiert Gesellschafts – und Kommunikationswissenschaften

Der Semesterstart war anders als erwartet, jedoch war ich sehr froh, dass wenigstens der Einführungstag vor Ort stattfinden konnte, um ein paar Kontakte zu knüpfen und ein bisschen «Uniluft» zu schnuppern. Wir haben uns recht gut organisiert und eine gemeinsame Whatsapp-Gruppe erstellt. Es gab auch Diskussionen darüber, sich zu treffen, jedoch hat sich dann die Pandemie-Situation verschlechtert und die Idee wurde dann wieder über Bord geworfen.

Was sicherlich ein Vorteil in den Pausen ist, dass man nicht in die Mensa oder zu einem Automaten gehen muss, um sich einen Latte Macchiato zu holen – schnell in die Küche und voilà. Und dann ist das Ganze noch gratis, Jackpot.

Da muss man manchmal während der Vorlesung auch aufstehen und die Post holen, wenn der Postbote klingelt. Man ist ja schliesslich zu Hause. Wenn man zu Hause lernt, ist es sicherlich ein Vorteil, dass man frei ist, wie und wo man die Vorlesung verfolgen möchte. Heute Nachmittag habe ich mich für das Sofa im Wohnzimmer entschieden.

Ein weiterer Vorteil ist, dass man im Homeoffice länger schlafen kann. Da werden mir die meisten meiner Mitstudierenden sicher zustimmen. Um diese Zeit, um welche ich heute aufgestanden bin, hätte ich schon längst im Zug sitzen müssen, da ich von Solothurn aus jeweils eineinhalb Stunden nach Luzern pendle.