Friedenspreis für eine Religionswissenschaftlerin und vier Lebensretter

Der Mount Zion Award 2025 geht an die vier Cousins Ismail, Rafi, Chamad und Dahesch Alkrenawi, die bei den Angriffen der Hamas am 7. Oktober 2023 eine Vielzahl von Personen aus dem Gelände des Nova-Festivals gerettet haben. Ausserdem wird Dr. Karma Ben-Johanan für ihr Engagement im jüdisch-katholischen Dialog ausgezeichnet.

(v.l.) Karma Ben-Johanan, Christian Rutishauser, Nikodemus Schnabel, die Familie Alkrenawi, Bodo Ramelow (Bild: Abraham Ungermann, OSB)

Die diesjährige Verleihung des Mount Zion Award fand unter zwei besonderen Vorzeichen statt. Zum einen fiel sie mit dem 60-jährigen Jubiläum der Konzilserklärung «Nostra aetate» zusammen, die am 28. Oktober 1965 verabschiedet wurde, und mit der das Verhältnis der katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen grundlegend erneuert wurde. Zum anderen prägen die Folgen des 7. Oktobers nach wie vor das Leben in Israel und Palästina.

Ismail Alkrenawi (Bild: Abraham Ungermann, OSB)

Die muslimische Familie Alkrenawi gehört zu den Beduinenclans, die in der Wüstenstadt Rahat leben. Am 7. Oktober 2023 waren die Cousins Ismail, Rafi, Chamad und Dahesch Alkrenawi zur Rettung ihres Cousins Hisham aufgebrochen. Auf dem Gelände des Nova Festivals angekommen, stand es für sie ausser Frage, den verwundeten und verängstigten Menschen, die sie dort vorfanden, zu helfen. Unter Einsatz ihres eigenen Lebens evakuierten sie rund 40 Personen aus dem Gefahrengebiet, bevor sie ihren Cousin retten konnten. Laudator Bodo Ramelow, Vizepräsident des Deutschen Bundestages, würdigte das Handeln der vier Cousins: Sie hätten als Menschen Menschen geholfen über die Grenzen von Religionen hinweg. Ismail Alkrenawi legte in seiner Danksagung den Blick auf die Welt als Ganzes nahe. In seiner Kultur gelte nämlich, dass wer eine Seele rette, die ganze Welt rette.

Karma Ben-Johanan (Bild: Abraham Ungermann, OSB)

Karma Ben-Johanan, Dozentin am Institut für Vergleichende Religionswissenschaft an der Hebräischen Universität Jerusalem, wurde für ihren unermüdlichen Einsatz für interreligiöse Verständigung ausgezeichnet. Mit ihren Fragen und Impulsen habe sie den etwas behäbig gewordenen katholisch-jüdischen Dialog aufgeweckt und aufgestört, wie Christian Rutishauser als stellvertretender Vorsitzender der Mount Zion Foundation in seiner Würdigung festhielt. Besondere Erwähnung fand der offene Brief an Papst Franziskus vom November 2023, in dem Karma Ben-Johanan und die Mitunterzeichnenden mit Rückgriff auf Nostra aetate eindringlich dazu ermahnten, vor allem die geistlichen Verbindungen und Gemeinsamkeiten von Juden und Christen nicht aus dem Blick zu verlieren. Dies vor dem Hintergrund der weltweit sprunghaften Zunahme von antisemitischen Äusserungen und Handlungen nach den Anschlägen des 7. Oktobers 2023. In ihren Dankesworten unterstrich Ben-Johanan nochmals die Bedeutung des Dialogs und des Gespräches, gerade angesichts der aktuellen Lage, in der sich die Welt massiv verändere.

Der Mount Zion Award wird von der Mount Zion Foundation verliehen, die am Institut für Jüdisch-Christliche Forschung (IJCF) der Universität Luzern angesiedelt ist. Vorsitzender ist der Abt der  Dormitio-Abtei der Benediktiner in Jerusalem. Die Auszeichnung geht – in Erinnerung an die Konzilserklärung Nostra aetate – an Personen oder Organisationen, die sich für die Verständigung zwischen Juden, Christen und Muslimen in Israel/Palästina erfolgreich einsetzen.

Die Preisverleihung durch Abt Nikodemus Schnabel, OSB, Prof. Dr. Christian Rutishauser, SJ, und Pater Markus Muff, OS, fand am 26. Oktober 2025 in der Dormitio-Basilika in Jerusalem statt.

Laudatio von Prof. Dr. Christian M. Rutishauser SJ

Mitteilung der Dormitio-Abtei