Station 12
Universitas Benedictina Lucernensis
Um gegen die Einflüsse der liberalen Weltanschauung an den damals neuen kantonalen Gymnasien vorzugehen, wurden an Klöstern eigene Internatsschulen gegründet. Im Landstädtchen Freiburg im Üechtland kam es 1889 sogar zur Errichtung der ersten katholischen Universität im Land.
Zudem wurde ein Netzwerk katholisch geprägter Einrichtungen aufgebaut, bei dem die Stadt Luzern eine wichtige Funktion hatte: So wurden hier der erste Schweizerische Katholikentag durchgeführt, mehrere katholische Vereine wurden gegründet und auch die Schweizerische Katholische Volkspartei errichtet.
Was noch fehlte, war eine eigene Hochschule. 1919 kam es dann zu einem Universitätsprojekt mit vier Fakultäten und 44 Lehrstühlen, geplant im Hotel Montana in der Stadt Luzern. Doch es gab Konkurrenz aus Freiburg im Üechtland.
Näheres dazu erfahren Sie im Audiobeitrag oder im vollständigen Text Universitas Benedictina Lucernensis.
Die Kulturkämpfe in der Schweiz trieben die Katholisch-Konservativen in die Defensive und bewirkten gleichzeitig ein energisches Zusammenrücken. Als besonders sensibel galt das Bildungswesen: Um die eigenen Söhne und Töchter gegenüber dem Einfluss liberaler Weltanschauung an den damals neuen kantonalen Gymnasien abzuschirmen, wurden an Klöstern eigene Internatsschulen gegründet - unter anderem in Ingenbohl, Menzingen, Einsiedeln, Engelberg, Disentis, Sarnen und Stans. Gleichsam als Krönung folgte 1889 eine katholische Universität im Landstädtchen Freiburg im Üechtland. Sie wirkte als geistiges Zentrum und Kaderschmiede des Schweizer Katholizismus und machte es möglich, Hochschulbildung im Sinne des eigenen Gesellschaftsideals zu vermitteln.
Nach der äusseren Beilegung des Kulturkampfs unternahmen die Katholiken in der Schweiz vielfältige Anstrengungen, um die gesellschaftliche Randposition zu überwinden. Dazu gehörte der Aufbau eines Netzwerkes katholisch geprägter Einrichtungen. In diesem Prozess hatte Luzern eine wichtige Funktion: Hier fand 1903 der erste Schweizerische Katholikentag statt, und hier wurden 1904 der Schweizerische Katholische Volksverein, 1912 der Schweizerische Katholische Frauenbund und im gleichen Jahr die Schweizerische Katholische Volkspartei gegründet. Nach wie vor fehlte eine eigene Hochschule.
Im Herbst 1919 riefen der Luzerner Rechtsanwalt Franz Bühler und der Churer Seminarregens und spätere Weihbischof Anton Gisler ein Universitätskomitee ins Leben. Sein ambitioniertes Ziel war die Schaffung einer zweiten Universität für die katholische Schweiz mit den vier klassischen Fakultäten Theologie, Philosophie, Rechtswissenschaft und Medizin. Geplant waren 44 Lehrstühle; die Professoren der ersten drei Fakultäten sollten pro Jahr 10'000 Franken erhalten, die Mediziner doppelt so viel. Für die Trägerschaft dachte man an eine private kirchliche Stiftung, nicht an die öffentliche Hand. Das Berufungsrecht war dem Stiftungsrat zugedacht, und zwar so, dass alle Professoren päpstlich bestätigt werden mussten. Die Finanzierung sollte aus den Erträgen des Stiftungskapitals erfolgen, bereitgestellt von privaten Donatoren, den Schweizer Bischöfen, mehreren Klöstern, der Luzerner Regierung und selbst dem Papst. Als Sitz der Universität fassten die Initianten die Gebäude eines der grossen, in der Nachkriegszeit darbenden Hotels ins Auge, vorzugsweise dachten sie an das Hotel Montana.
Der Bischof von Chur, Georg Schmid von Grüneck, übernahm die Aufgabe, in Rom Papst Benedikt XV. über das Vorhaben zu unterrichten. Um dessen Wohlwollen zu gewinnen, erhielt die neu zu schaffende Institution den Namen "Universitas Benedictina Lucernensis". Im Mai 1920 legte der mit Schmid befreundete deutsche Adelige Theodor von Cramer-Klett dem Papst den detaillierten Plan vor. Zufällig hielt sich zur gleichen Zeit der Freiburger Bischof Marius Besson an der Kurie auf und erfuhr von der Initiative. In Freiburg war man alarmiert. Eine Sondergesandtschaft, bestehend aus Staatsrat Ernest Perrier und Ulrich Lampert, dem Dekan der Freiburger Rechtsfakultät, reiste nach Rom. In Privataudienz schilderten sie Benedikt XV. das Vorhaben in den düstersten Farben. Sie sprachen von der notorischen Eifersucht, mit der die Luzerner den Freiburgern begegneten. Es bestehe eine regelrechte Obstruktionshaltung, eher entsende man in Luzern die eigenen Söhne an liberale Universitäten, als dass man sie in Freiburg studieren lasse. Das zunächst beim Papst vorhandene Wohlwollen gegenüber dem Luzerner Projekt liess sich damit ins Gegenteil drehen, und eine geschickt organisierte, von St. Gallen bis Genf geführte Pressekampagne tat ein Übriges. Als Argument diente der Verdacht, es handle sich um einen in Deutschland erdachten Plan, ferngesteuert von Industriellen und gar von der Reichsregierung selbst.
Zur Vermittlung schlug der aus Freiburg stammende, an der Universität Bern lehrende Literaturwissenschaftler Gonzague de Reynold vor, eine einzige, gesamtschweizerische katholische Universität mit zwei Standorten zu bilden und die Fakultäten aufzuteilen: die Medizin nach Luzern, der Rest in Freiburg. Doch auf diese Weise war die Sache nicht zu gewinnen. Der Bischof von Basel stellte sich gegen die vorgesehene Finanzierung aus kirchlichen Mitteln, und Anfang 1922 gelangte die päpstliche Stellungnahme nach Luzern: Benedikt XV. liess ausrichten, man möge zuerst die junge Freiburger Universität konsolidieren, ehe man sich in Luzern an ein neues Werk mache. Damit war das Vorhaben gescheitert.