Grundlagen für eine nutzenbasierte Krankenversicherung
Ein Projekt unter der Leitung von Stefan Boes soll einen Beitrag zur Weiterentwicklung eines effizienten, fairen und akzeptierten Krankenversicherungssystems in der Schweiz leisten. Die Studie wird vom Schweizerischen Nationalfonds mit rund 861'000 Franken gefördert.
Beim «Value-based Insurance Design» (VBID) handelt es sich um ein neues versicherungspolitisches Konzept. Die Grundidee: Die Versicherten sollen vermehrt solche medizinischen Leistungen in Anspruch nehmen, die ihnen einen tatsächlichen Nutzen bringen. Angestrebt wird, den Zugang zu hochwertiger und kosteneffektiver Versorgung zu erleichtern und gleichzeitig unnötige Leistungen zu reduzieren. Um dies zu erreichen, kommen gezielte finanzielle Anreize zum Zug: Wer besonders wirksame Therapien nutzt, soll dafür weniger selbst bezahlen müssen als für solche, deren Nutzen unklar oder gering ist – und umgekehrt. Dies im Gegensatz zu traditionellen Versicherungsmodellen mit einheitlicher Kostenbeteiligung. In der Schweiz bestehen im Bereich der obligatorischen Krankenversicherung bereits jetzt gewisse Spielräume in diese Richtung: So ist etwa eine höhere Kostenbeteiligung der Patientinnen und Patienten bei Medikamenten mit geringem Zusatznutzen oder einem schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnis möglich – doch das Potenzial wird bisher kaum ausgeschöpft.
Das nun vom SNF geförderte Projekt knüpft daran an und verfolgt drei Ziele: erstens die Entwicklung eines Rahmenkonzepts, um das VBID breiter in das Schweizer Gesundheitssystem zu integrieren. Dies unter Berücksichtigung gesetzlicher, institutioneller und praktischer Voraussetzungen. Zweites Ziel ist die Erhebung und Analyse der Präferenzen der Bevölkerung hinsichtlich bestimmter Aspekte des VBID; und zwar mittels eines Experiments, bei dem Teilnehmende jeweils zwischen verschiedenen Optionen auswählen können (sogenanntes «Discrete-Choice-Experiment»). Drittes Ziel schliesslich ist die Bewertung der langfristigen Auswirkungen beim Einsatz des VBID auf Gesundheitsausgaben, Versorgungsqualität und gesellschaftliche Wohlfahrt.
Im Rahmen des Projekts sollen zunächst bestehende VBID-Modelle, national und international, systematisch analysiert werden, um Best Practices und auf das Schweizer System übertragbare Ansätze zu identifizieren. Darauf aufbauend wird in der Bevölkerung eine repräsentative Umfrage einschliesslich des erwähnten Experiments durchgeführt. Erfasst werden hier einerseits soziodemografische Merkmale, Gesundheitsstatus, Versicherungswissen, Risikoverhalten und Persönlichkeitsmerkmale und andererseits die Präferenzen in Bezug auf das VBID. Mithilfe ökonometrischer Modelle, also bestimmter statistischer Verfahren, werden die Präferenzen und Zahlungsbereitschaften erfasst. Schliesslich werden Modelle für Szenarien zur Implementierung des VBID in der Schweiz erstellt und deren potenzielle Auswirkungen auf Effizienz, Fairness und Akzeptanz abgeschätzt.
- Projektleitung: Prof. Dr. Stefan Boes, Professor für Gesundheitsökonomie
- Originaltitel des Projekts und Übertragung ins Deutsche: «Consumers’ Preferences for Value-based Incentives in the Swiss Mandatory Health Insurance System» («Präferenzen von Konsumentinnen und Konsumenten für wertbasierte Anreize im Schweizer Grundversicherungssystem (KVG)»)
- Projektmitarbeitende: Ein bis zwei Postdoktorandinnen/-doktoranden, eine Doktorandin bzw. ein Doktorand (noch zu bestimmen)
- Projektdauer: 48 Monate
- Bewilligte Fördersumme: CHF 861'000 (gerundet)