Fokussiert in die Zukunft

Verhaltenswissenschaften und Psychologie, Gesundheit, Digitalisierung: Mit diesen drei Entwicklungsschritten will die Universität Luzern ihr humanwissenschaftliches Profil stärken und ihren Beitrag zu gesellschaftlichen Herausforderungen leisten.

Blick auf die Fassade des Gebäudes, in dem die Universität Luzern beheimatet ist

Am diesjährigen Dies Academicus hat Rektor Bruno Staffelbach Einblick in die Pläne der Universität gegeben. Das Ziel: In zehn Jahren will die Universität Luzern zu einer der führenden humanwissenschaftlichen Universitäten Europas gehören. In seiner Rede vom 4. November skizzierte der Rektor nicht nur diese Vision, sondern auch die Massnahmen, mit denen diese in die Tat umgesetzt werden soll.

Verhaltenswissenschaften und Psychologie

Ein erster zentraler Baustein ist die Gründung einer Fakultät für Verhaltenswissenschaften und Psychologie. «Wir sind eine humanwissenschaftliche Universität, aber psychologisch blind», formulierte Staffelbach. «Wir möchten zum Beispiel erklären können, warum Menschen extremistisch, böse und straffällig werden, warum gescheite Leute dumme Entscheidungen treffen, oder weshalb Menschen im Allgemeinen Chirurgie und Reha vorziehen, wo doch Prävention weniger schmerzt und erst noch günstiger ist», umriss Staffelbach eine ganze Reihe von Forschungsfragen.

Die Verhaltenswissenschaften sind eine Klammer, die alle Fakultäten verbindet. Dabei geht es unter anderem um Inklusionsforschung oder um die Frage, warum Gesellschaften zerfallen und welches die individuellen und sozialen Folgen von Einsamkeit sind. Es geht um Unternehmensforschung oder um die Frage, welches die Folgen von Digitalisierung und die Bedingungen von nachhaltigem Verhalten sind. Und es geht um die Erforschung der Resilienz von Gesundheits- und von politischen Handlungssystemen. Im Bereich der Psychologie sind Studiengänge geplant, die in der Schweiz einmalig sind. Bisher ermöglicht es z.B. keine einzige Universität in der Schweiz ihren Studierenden, Rechtspsychologie zu studieren. Darum ist eine Vertiefung in diesem Fachgebiet vorgesehen. Eine weitere – nämlich in Kinder- und Jugendpsychologie – soll dem Umstand Rechnung tragen, dass jungen Menschen zwar die Zukunft gehört, es in der Schweiz aber nur eine einzige Assistenzprofessur dazu gibt. Die Vertiefung in Gesundheits- und Rehabilitationspsychologie wird schliesslich das bereits bestehende Netzwerk zwischen der Universität und dem Luzerner Kantonsspital, dem Schweizer Paraplegiker- Zentrum in Nottwil sowie der SUVA und den grössten Krankenversicherern des Landes für die Schaffung eines einzigartigen Bildungsangebots nutzen.

Finanzierung aufgegleist

Zusagen von Philanthropinnen und Philanthropen liegen bereits vor, um den Aufbau des Bachelors of Science in Psychologie zu finanzieren, ebenso die Master-Vertiefung in Kinder- und Jugendpsychologie, drei verhaltenswissenschaftliche Forschungsthemen sowie ein psychologisches Forschungslabor. Auch ist ein Team für den Aufbau bestimmt. Für die Gründung der neuen Fakultät braucht es eine Änderung des Universitätsgesetzes. Wichtige Schritte wurden bereits getan: Noch vor Ende Jahr gelangt das revidierte Gesetz in die Vernehmlassung. In diesem vorgesehen ist auch die Umwandlung des heutigen Departements Gesundheitswissenschaften und Medizin per 2023 in eine Fakultät. Der Regierungsrat begrüsst die beiden neuen Fakultäten, leisteten diese doch einen Beitrag, um vom Arbeitsmarkt nachgefragte Fachkräfte auszubilden (siehe Medienmitteilung des Bildungs- und Kulturdepartements vom 10. Dezember).

Initiative für Funktionsfähigkeit, Gesundheit und Wohlbefinden

Ein zweiter Baustein ist die Gründung der «Initiative für Funktionsfähigkeit, Gesundheit und Wohlbefinden». An dieser beteiligen sich alle Fakultäten und bringen ihre jeweilige Expertise ein. Elementare Verbesserungen in der öffentlichen Gesundheit im 19. Jahrhundert – man denke an den Ausbau der Wasserversorgung, das wachsende Bewusstsein für die Wichtigkeit von Hygiene und die stark verbesserte Ernährungssituation für Millionen von Menschen – haben zusammen mit enormen Fortschritten in der Medizin in den entwickelten Ländern fast zu einer Verdoppelung der Lebenserwartung geführt. Wir leben doppelt so lang; doch erfreuen wir uns dabei auch einer robusten Gesundheit?

Gesundheit statt Krankheit messen

Wie unser Umgang mit der Corona-Pandemie zeigt, dominieren heute den Diskurs über Gesundheit in erster Linie Statistiken von Krankheits- und Todesfällen. Doch diese Zahlen sind nicht geeignet, um den Grad der Gesundheit zu messen. Im Zentrum dieser Initiative steht deshalb das Anliegen, individuelle und kollektive Standards für die Funktionsfähigkeit, die Gesundheit und das Wohlbefinden bei akuten und chronischen Krankheiten, nach einer Verletzung und im Alter zu bestimmen. Basis bildet eine Kooperation mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Die Universität ermittelt Standards, und die WHO setzt diese um.

Digitalisierung vorantreiben und reflektieren

Der dritte Baustein schliesslich ist die Gründung des «Zentrums für digitale Innovation». Online-Märkte, «Big Data» und künstliche Intelligenz befeuern die digitale Transformation von persönlichen Lebensbereichen, verändern aber auch Politik, Wirtschaft und Wissenschaft fundamental. Die Forschenden, die im geplanten Zentrum neue Wissensräume erschliessen sollen, werden sich mit einer Vielfalt von Fragen beschäftigen: Welche (digitalen) Kompetenzen sind erforderlich im Kontext des Schutzes sensibler Daten, im Jugendschutz oder bei Fragen des Machtmissbrauchs in der politischen Meinungsbildung oder zur Nutzung von Daten, zur Entwicklung von Märkten und zum Design von neuen Organisationen?

Bruno Staffelbach: «Mit all diesen drei Entwicklungsschritten tragen wir dazu bei, den Fachkräftemangel in kritischen Branchen zu reduzieren, die Standortattraktivität von Luzern und der Zentralschweiz zu steigern und das Profil der Universität Luzern zu stärken.»