Drei Fragen an Heidi Witzig

Von der Frustration über die gymnasiale «Mädchenstaatskunde» zum Ehrendoktortitel: Heidi Witzig hält am 4. November um 18:15 Uhr eine Festrede zu ihrer Forschung und deren Verbindung mit ihrer eigenen Biografie. Was sie interessiert und antreibt, verriet sie uns im Gespräch.

Heidi Witzig wird Ehrendoktorin der Universität Luzern.

Frau Witzig, seit Jahrzehnten forschen Sie zur Schweizer Frauengeschichte. Was hat Sie bewogen, sich damit zu beschäftigen?

Dafür gab es mehrere Gründe. So besuchte ich beispielsweise Ende der 50er-Jahre die Kanti Frauenfeld. In der Staatskunde bekamen die Knaben ein ganzes Buch; das Heftchen von uns Mädchen hingegen bezog sich ausschliesslich auf das Ehe- und Familienrecht. Das empfand ich als Kränkung. Ebenfalls höchst ungerecht fand ich, dass ich bis 1971 – also bis im Alter von 27 Jahren – kein Stimmrecht besass, obwohl ich bereits über einen Doktortitel verfügte. Und dann kam schliesslich auch die 68er-Bewegung dazu, unter anderem mit dem Kampf gegen das Patriarchat.
 

Heutzutage geniessen die Frauen in der Schweiz mehr Aufmerksamkeit, beispielsweise durch den Frauenstreik 2019 oder Filme wie «Die göttliche Ordnung». Welche Rolle übernimmt dabei die Frauengeschichte?

Die Erforschung der Frauengeschichte stellt eine der Ebenen dar, nebst beispielsweise den politischen, kulturellen oder universitären Komponenten der Thematik. Der Frauenstreik und das 50-Jahr-Jubiläum des Frauenstimmrechts haben dazu geführt, dass diese Ebenen nebeneinander sichtbar wurden. Am Frauenstreik beispielsweise fasziniert mich besonders die Generationenfolge: Bewegte Frauen mehrerer Generationen, die die unterschiedlichsten Themen beschäftigen, aber gemeinsam an den Grundlagen des Patriarchats kratzen.
 

Am 4. November halten Sie an der Universität Luzern einen Vortrag. Welche Inhalte darf das Publikum erwarten?

Das Ganze steht unter dem Titel «Einsichten und Ausblicke rund um Frauengeschichte». Der Dokumentenband «Frauengeschichte(n)» ist 1986 erstmals erschienen; es war eine Grundlagenarbeit von Elisabeth Joris (Mittelschullehrerin und freischaffende Historikerin) und mir. Wir erbrachten sie damals gratis, bevor diese Art von Forschung an die Uni gekommen ist wie beispielsweise durch die Gender Studies.

Ich zeige in meinem Vortrag auf, wie sich die Frauengeschichte durch verschiedenste Bewegungen im Lauf der Zeit neu verknüpft hat, und was sich dadurch auch bei mir verändert hat. Meine eigene Biografie als Historikerin und politisch interessierte und engagierte Frau wird also mit der Sache «Frauengeschichte» verknüpft.

Anmeldung zum Vortrag von Heidi Witzig am 4. November.

Dieser Beitrag wurde von der Geschichts-Studentin Corinne Huwyler realisiert.