Managing Growth in Miniature
Verena Halsmayers Studie «Managing Growth in Miniature» zeigt, wie Solows neoklassisches Wachstumsmodell aus einem Nebenprodukt der Forschung zu einem Standard der Wirtschaftswissenschaften wurde und Visionen von stabilem Wachstum prägte. Für ihr Buch erhält sie den Best Monograph Award.
Zwischen den 1930er und 1960er Jahren wurde die Volkswirtschaftslehre zur «Modellierungswissenschaft», die ihr Wissen vorwiegend in Form kleinformatiger, mathematischer Modelle verfertigte. Welches Denken mit dieser neuen Forschungspraxis einherging, welches Wissen sie hervorbrachte und welche epistemischen wie steuerungspolitischen Hoffnungen damit verbunden waren, sind die Ausgangsfragen des Buches Managing Growth in Miniature: Solow’s Model as an Artifact, das Verena Halsmayer in ihrer Zeit als Oberassistentin an der Professur für Wissenschaftsforschung der Universität Luzern verfasst hat.
Im Zentrum des Buches steht das «neoklassische Wachstumsmodell», das von einem eher beiläufigen Nebenprodukt anderer Forschung in den 1950er Jahren zu einem epistemischen Standard der Wirtschaftswissenschaften wurde – auf Kosten all jener Wissensformen, die sich der Modellierung entzogen. Die wissenschaftshistorische Untersuchung verschiedener ökonomischer Mess- und Modellierungspraktiken beleuchtet, wie dieses Modell Visionen einer Welt stabilen Wachstums stützte. Seine «heroic assumptions» (vollständige Märkte, keine knappen Ressourcen, eine friktionsfreie Zukunft) machten es mancherorts vom Zukunftsentwurf interventionistischer Ökonomik zum Symbol der Omnipotenz von Märkten und damit zu weit mehr als einem Beitrag zur ökonomischen Theorie. Indem das Buch die konkreten Seiten ökonomischer Abstraktionen in den Blick nimmt, zeigt es, dass der Erfolg ökonomischer Modelle weniger auf ihrer Repräsentationskraft oder empirischen Überprüfbarkeit beruhte, sondern vor allem auf ihrer Effizienz, Anschlussfähigkeit und Vieldeutigkeit.
Das Buch, das kürzlich mit dem Best Monograph Award der European Society for the History of Economic Thought ausgezeichnet wurde, lädt dazu ein, über die Wirkungen und Grenzen von Modellen nachzudenken. Es bietet eine Grundlage für die Analyse, wie Artefakte und Infrastrukturen ökonomischen Wissens die Vorstellungen und Politiken von Wirtschaftswachstum bis heute prägen.
Bild: Die übliche Visualisierung des neoklassischen Wachstumsmodells, Robert M. Solow, “A Contribution to the Theory of Economic Growth,” The Quarterly Journal of Economics 70, no. 1 (1956): 65–94, 65.
