Schriftsteller Adolf Muschg über Heimat und Identität

Am 6. Oktober 2020 war der Schweizer Schriftsteller Adolf Muschg zu Gast an der Universität Luzern. Im Rahmen der Vorlesungsreihe "Identität(en)" sprach der emeritierte Professor für deutsche Sprache und Literatur über Heimat und Identität.

Prof. em. Dr. Adolf Muschg vor Beginn seines Referats an der Universität Luzern

Adolf Muschg unterzog im Rahmen seines Referats dem Begriff "Identität" einer Kritik. Er fragte danach, ob Identität nicht immer ein Ergebnis von Reduktion und Vereinfachung sei und ob Identität nicht auf die Aussenwahrnehmung zurückgehe. Darüber hinaus stellte er fest: "’Identität’ – kaum ein Begriff wird im politischen Diskurs blinder gebraucht, und ich halte für dringend geboten, ihn gegenüber seiner Praxis etwas sehender zu machen. Denn was als Identität in Anspruch genommen wird, dient vor allem zum Ausschluss, zur Disqualifikation von Menschen und Gruppen. Auf Identität wird gepocht, wenn man die eigenen Grenzen nicht sehen, nur befestigen will. Und in diesem Pochen steckt das Potential für den Gebrauch gröberer Waffen, den man nicht mehr zu rechtfertigen braucht. ‘Identität’ ist gewissermassen das als Gütezeichen auftrumpfende Alibi für die eigene Erstarrung."

Adolf Muschg (*1934) zählt zu einem der bedeutendsten Schriftsteller der Schweiz. Sein Werk, beginnend mit dem Debüt "Im Sommer des Hasen" (1965), wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Von 1970 bis 1999 war Muschg Professor für deutsche Sprache und Literatur an der ETH Zürich. Er lebt in Männedorf.

Der Autor und Literaturwissenschaftler hielt seinen von der Universität Luzern aus live via "Zoom" gesendeten Vortrag im Rahmen der öffentlichen Vorlesungsreihe "Identität(en)". Dieses wird vom Institut für Sozialethik ISE aus Anlass des 40-jährigen Bestehens durchgeführt. Auf dem Programm stehen noch neun Vorträge, diese finden jeweils am Dienstag um 18.15 Uhr statt. Als nächstes spricht Marianne Heimbach-Steins, Professorin für Christliche Sozialwissenschaften und Direktorin des Instituts für Christliche Sozialwissenschaften an der Universität Münster, am 13. Oktober über das Thema "Migration und Flucht – Grenzen der Identität?". Mehr Informationen