Ist Religion (noch) relevant? – «Sind die Landeskirchen noch ein Interregio oder schon auf dem Abstellgleis?»
Mit dieser Frage eröffnete Prof. Dr. Martin Baumann, Leiter des Religionswissenschaftlichen Seminars, die Ringvorlesung «Ist Religion (noch) relevant?» an der Universität Luzern. Referent Urs Brosi, Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz, nahm die Bahnmetapher auf und diskutierte die Zukunft der Landeskirchen.
Urs Brosi nahm direkt zu Beginn der Vorlesung vom 24. September Bezug auf den Titel seines Vortrages – «Die Landeskirchen – sozial und theologisch auf dem Abstellgleis?» – und stellte fest: Die Kirchen seien durchaus noch im Fahrbetrieb unterwegs, seit einigen Jahrzehnten jedoch nicht mehr als vollgefüllter ICE Zug, so dass sich problemlos Sitzplätze finden liessen.
Die Statistiken des Bundes machen diese «freien Sitzplätze» ebenfalls deutlich . Gehörten vor rund 50 Jahren 95% der Bevölkerung einer der beiden Landeskirchen an, sind es heute nur noch knapp 50%. Was hat zu diesem Mitgliederschwund geführt? Für Brosi ist die Säkularisierung der Haupttreiber dieser Entwicklung, wobei sich dieser Prozess auch nicht aufhalten, sondern lediglich bremsen liesse. Jede Generation sei weniger religiös als die vorherige, was sich in Umfragen zu Kirchgang, Gebetspraxis und Gottesglaube beobachten liesse.
In der anschliessenden Diskussion griff das Publikum die Bahnmetapher auf. Es forderte beispielsweise, die Kirche soll sich wieder auf ihre Kernbotschaft konzentrieren: «Wir sollten die Fahrpläne einhalten. Die Leute haben ja das Halbtax weiterhin gekauft.»
Fazit des Abends: Die Landeskirchen sind nicht auf dem Abstellgleis – sie fahren, wenn auch mit angepasstem Tempo, als Interregio weiter.
Weitere Informationen zur Ringvorlesung
Dieser Beitrag wurde von Michael Bieri, Masterstudent in Ethnologie und Religionswissenschaft, verfasst.
