Nadine Sharon (30) verbrachte einen Monat an der Universität von Tel Aviv. Obwohl sie das Land bereits kannte, wurde der Bachelorstudentin in Kulturwissenschaften mit Major Judaistik bewusst, dass man mit schweizerischer Geschäftigkeit in Israel nicht weit kommt.

Nadine Sharon mit der Skyline von Tel Aviv, das mit seinem Einzugsgebiet zusammen gegen vier Millionen Einwohnerinnen und Einwohner hat, im Hintergrund.

Nadine Sharon, was ist die wichtigste Erkenntnis, die Sie mit nach Hause genommen haben?

Nadine Sharon: Da ich coronabedingt bereits nach einem statt wie geplant nach sechs Monaten zurückgekehrt bin, ist meine Erkenntnis folgende: Einerseits möchte ich mehr Zeit in Israel verbringen, denn dieser eine Monat war eine sehr schöne Erfahrung. Andererseits habe ich einmal mehr gemerkt, wie viel Gutes ich zuhause habe, etwa meine
Freunde, meine Familie sowie mein Leben in Zürich. Fazit: Für mein Glück brauche ich die Schweiz und Israel. Zürich und Tel Aviv berühren mein Herz.

Was hat Sie an der Gastgeber-Uni am meisten überrascht?

Am meisten überrascht hat mich der amerikanische «Vibe» in den englischsprachigen Lehrveranstaltungen. Die meisten Studierenden waren junge Amerikanerinnen und Amerikaner, die jeweils für zirka ein Jahr in Tel Aviv leben und studieren. Auch fand ich interessant, dass trotz der Grösse der Uni persönliche Seminare und Kontakte mit den Dozierenden möglich waren. Das war mir sehr sympathisch. Dann wurde die Universität leider geschlossen und alles ging online vonstatten.

Strand von Tel Aviv
Am Strand von Tel Aviv gibt es viel zu entdecken.

Welche Lehrveranstaltung hinterliess einen bleibenden Eindruck?

Inhaltlich habe ich sehr vom Kurs «Islam, Politics and Terror in the Middle East» profitiert. Dieser half mir, geopolitische Zusammenhänge besser zu verstehen. Auch der Kurs über das israelische Kino gefiel mir sehr gut, da ich neue Filme kennengelernt und eine wissenschaftliche Perspektive auf die Drehbücher bekommen habe. Nicht zu vergessen ist der «Creative Writing»-Kurs für Kurzgeschichten, der mich zwang, an meinem Schreibstil zu feilen und Texte anderer zu analysieren. Alles in allem boten die Lehrveranstaltungen eine inspirierende und spannende Mischung.

Was schätzen Sie an der Universität Luzern nun mehr denn je?

An meiner Wahrnehmung der Uni Luzern hat sich durch meinen Aufenthalt in Tel Aviv nichts geändert. Ich schätze die persönliche Atmosphäre und den direkten Kontakt mit den Professorinnen und Professoren sowie den Dozierenden nach wie vor. Dies bereichert mein Studium, da Lernen für mich immer eng mit dem Menschen verbunden ist, der etwas vermittelt.

Wo haben Sie Ihre erste Freundschaft geschlossen?

Am Flughafen Zürich traf ich eine Studentin, die per Zufall auf demselben Flug war wie ich. Sie studiert ebenfalls in Luzern und lebt in Zürich. Wir verstanden uns auf Anhieb gut, verbrachten in Tel Aviv viel Zeit zusammen und haben auch jetzt noch Kontakt. Dass meine erste neue Freundschaft ausgerechnet mit einer Schweizerin sein würde, hätte ich nicht gedacht.

Welches war das grösste kulturelle Missverständnis?

Da ich Israel gut kenne und selbst Doppelbürgerin bin, waren mir die Unterschiede in der Mentalität bekannt. Einmal verlor ich dennoch meine Nerven, nämlich beim Versuch, ein Ticket für den öffentlichen Verkehr zu kaufen. Das war unglaublich umständlich, zeitintensiv und nervenaufreibend, und zum Schluss hatte ich noch immer kein Ticket. In Israel sollte man sich die schweizerische Geschäftigkeit am besten früh abgewöhnen. Die Organisation von verschiedensten Dingen funktioniert viel spontaner, willkürlicher und bestimmt nicht auf Anhieb.

Was mir gefehlt hat, sind günstige, schnell erhältliche und gekochte Mahlzeiten, wie wir es in Mensen in der Schweiz kennen.
Nadine Sharon

Wie schmeckte das Essen in der Mensa?

Ich musste mich zunächst ein wenig orientieren, wie man zu seiner Nahrung kommt. Typisch israelisch gab es allerlei Snacks und Blätterteiggebäcke und sehr guten Kaffee in allen Varianten. Was mir aber gefehlt hat, sind günstige, schnell erhältliche und gekochte Mahlzeiten, wie wir es in Mensen in der Schweiz kennen.

Was haben Ihre Eltern durch Ihr Auslandsemester gelernt?

Dass Corona die Welt verändert: Nach meiner Rückkehr wohnte ich vorübergehend bei meinen Eltern, da meine Wohnung untervermietet war. Sie und ich haben bemerkt, dass bereits viele Jahre vergangen sind, seitdem ich von zuhause ausgezogen bin, und dass das auch für alle das Beste ist. :)

Welches war Ihr prägendstes Erlebnis abseits des Uni-Alltags?

Es gibt nicht ein einziges Erlebnis. Für mich einmalig und wunderschön ist das Lebensgefühl, das ich jedes Mal habe, wenn ich in Israel und vor allem in Tel Aviv bin. Mit meinem Fahrrad den Strand entlang zu fahren und noch unentdeckte Winkel auszukundschaften, macht mich sehr glücklich.

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Andrea Leardi

Outgoing Mobility Coordinator