Eva Schiele arbeitet bei der Stiftung «Profil – Arbeit & Handicap» in Luzern. Dafür ist es wichtig, sich gut in verschiedene Positionen hineinversetzen zu können. Rüstzeug dafür gibt der 36-Jährigen aus Luzern ihr Masterabschluss in Gesellschafts- und Kommunikationswissenschaften.

Eva Schiele. (Bild: Roberto Conciatori)

Eva Schiele, welche Aufgaben und Themen beschäftigen Sie in Ihrem Beruf als «Fachberaterin Arbeitsintegration»?

Eva Schiele: «Profil – Arbeit & Handicap» integriert Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen in den ersten Arbeitsmarkt. Wir sind vorwiegend in der Personalvermittlung, aber auch in der Arbeitsplatzerhaltung und in der Ausbildungsbegleitung tätig. Es ist uns ein Anliegen, die Stellung von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen zu stärken. Personen mit Handicap wollen vermehrt regulär und nicht gesondert in einer Einrichtung arbeiten. Wir setzen uns für eine inklusive Arbeitswelt ein. Ich arbeite eng mit den Menschen zusammen, die ich bei ihrer Jobsuche begleite. Für eine erfolgreiche Vermittlung ist es primär wichtig, die Stellensuchenden mit ihren Kompetenzen, Bedürfnissen und Werten kennenzulernen. Erst danach geht es konkret darum, die Bewerbungsstrategie zu definieren, und wenn wir das Ziel einer Anstellung erreicht haben, unterstütze ich – wenn nötig – auch noch mit Job-Coaching.

Wie erreichen Sie dieses Ziel und welche Fähigkeiten brauchen Sie dafür?

Ganz wichtig ist mir dabei der allparteiliche Ansatz, denn ich vertrete nicht nur die Interessen der Jobsuchenden. Genauso wichtig sind für uns die Arbeitgeber. Wir beraten Vorgesetzte und Teams bei behinderungsbedingt notwendigen Anpassungen am Arbeitsplatz, im Bereich der Betreuung, der Sozialversicherungen oder der Kommunikation. Und dann ist man auch noch mit Auftraggebern (vorwiegend IV-Stellen, RAVs, Kantone), Ärzten, Therapeutinnen und Fachstellen im Austausch. Für mich ist es zentral, immer wieder die verschiedenen Positionen einzunehmen und zu verstehen. Nur dann findet sich am Ende eine gute Lösung, die auch nachhaltig ist. Eigentlich könnte man mich als Brückenbauerin oder Vermittlerin bezeichnen.

Vor und während meines Studiums wusste ich nicht genau, welchen Weg ich mir vorstelle. Darum habe ich mich auch für ein Generalistenstudium entschieden.
Eva Schiele

Haben Sie sich während des Studiums vorgestellt, einmal eine solche Stelle innezuhaben?

Vor und während meines Studiums wusste ich nicht genau, welchen Weg ich mir vorstelle. Darum habe ich mich auch für ein Generalistenstudium entschieden. Dass es etwas mit Beratung und Coaching sein sollte, hat sich erst nach und nach entwickelt.

Wie sind Sie ins Berufsleben eingestiegen und wie ging es weiter?

Ich habe 2009 in Luzern mit dem Masterstudium angefangen und mir nach einem Jahr erst mal eine Auszeit genommen. Ich wollte herausfinden, wohin es für mich beruflich geht. Zunächst habe ich für ein halbes Jahr ein Praktikum im HR des Luzerner Kantonsspitals gemacht. Da wurde ich im Anschluss angestellt, als Assistentin des Personalleiters. Nach insgesamt einem Jahr habe ich das Studium wieder aufgenommen – berufsbegleitend. So gelang mir der Berufseinstieg bereits während des Studiums. Danach konnte ich in die Personalentwicklung einsteigen und habe nach und nach gemerkt, dass ich unbedingt mit Menschen arbeiten möchte und der Beratung/ Coaching-Bereich etwas für mich ist. Ich war für einige Jahre in verschiedenen Positionen rund ums HR tätig und bin nun seit rund dreieinhalb Jahren bei «Profil – Arbeit & Handicap».

Welche Fähigkeiten oder welches Wissen aus dem Studium hilft Ihnen bei der Arbeit?

Ich denke, das systemische und ganzheitliche Denken sowie das Wechseln der Perspektive habe ich im Studium gelernt oder geübt. Und auch das Wissen über verschiedene Organisationen und Professionen hilft mir bei meiner Arbeit, gerade dann, wenn es darum geht, verschiedene Blickwinkel einzunehmen und zu verstehen. Ich habe eine gute Basis, um zu erklären, warum sich Organisationen und Menschen wie verhalten. Auch wenn es in der Praxis dann wieder anders ist (lacht).

Was würden Sie Studierenden raten, die sich fragen, wie sie den Berufseinstieg meistern sollen?

Wenn man diesen Studiengang wählt, ist man eine vielfältig interessierte Person. Es gilt aus meiner Sicht, die eigenen Interessen herauszufinden und ganz viel in der Praxis auszuprobieren. Ich bin froh, dass ich mich frühzeitig gefragt habe, was ich möchte, und dass ich die beiden Urlaubssemester mit dem Praktikum eingelegt habe und so den Theorie-Praxis-Transfer vollziehen konnte. Ich merke gerade in der aktuellen Krise ein erhöhtes Interesse an meiner Arbeit. Die Frage nach dem Zweck einer Tätigkeit scheint tatsächlich an Bedeutung zu gewinnen. Drei Schlagwörter machen es für mich aus: Neugierde, Mut und Leidenschaft. Mit diesem Studium stehen einem so viele Türen offen, und wenn man neugierig ist, mutig ausprobiert und mit dem Herzen dabei ist, dann findet man den eigenen Weg. Das ist ja auch das Schöne daran!

Überblick Studienangebot Gesellschafts- und Kommunikationswissenschaften im Bachelor und im Master

Vera Bender
Sektionsvorsteherin Kultur- und Sozialwissenschaften der ALUMNI Organisation der Universität Luzern, ist Inhaberin der Kommunikationsagentur «Text-Architektin»