Profil
Zusammen mit der Rechtswissenschaftlichen Fakultät gehört das Soziologische Seminar zu den beiden Neugründungen, die bereits Teil der Volksabstimmung zur Einrichtung der Universität Luzern (Universitätsgesetz) vom 21. Mai 2000 waren. Drei Leitlinien standen, und stehen weiterhin, beim Aufbau des Seminars im Vordergrund:
1) Die Luzerner Soziologie sollte sich in Differenz und somit in Ergänzung der Angebote der Soziologie im Rahmen der universitären Landschaft insbesondere der deutschsprachigen Schweiz positionieren;
2) zweitens sollten im Rahmen des Soziologischen Seminars zwei Studiengänge aufgebaut werden: ein Hauptfach/Nebenfachstudium ‚Soziologie‘ und ein integriertes Studienprogramm ‚Gesellschafts- und Kommunikationswissenschaften‘;
3) drittens sollte das Profil der ‚Luzerner Soziologie‘ so gedacht werden, dass die intellektuelle Kohärenz zwischen (doppelt geführtem) Lehrangebot und wissenschaftlichem Profil nach Aussen, profilschärfend und in Ergänzung der Soziologie in der deutschen Schweiz, deutlich sichtbar gemacht würde.
Die Umsetzung dieser Leitlinien folgte der Idee, das Profil des Soziologischen Seminars Luzern in produktiver Kontrastierung und damit Ergänzung der Dominanz von Akteurskonzepten in der deutschschweizerischen Soziologie zu entwerfen, und zugleich dabei Traditionen und Konzepte zu berücksichtigen, die in der deutschsprachigen Schweiz, anders als in der italienisch- und französischsprachigen Schweiz, kaum Institutionalisierungschancen erhalten hatten. Die konstruktive Kontrastierung der deutschschweizerischen Soziologie ergab sich dann recht zwanglos, an drei Merkmalen des Soziologischen Seminars der Universität Luzern:
1) Das Soziologische Seminar sollte sein Profil in akteurskritischen und akteurskonstruktivistischen Orientierungen finden, die diese mit einer deutlich sichtbaren gesellschaftstheoretischen Positionierung verbinden. Die sich hieraus präferentiell ergebenden Anschlüsse an die Leitideen des linguistic turn (amerikanischer Pragmatismus genauso sehr wie deutsche Sprachphilosophie und die französische Zeichentheorie; Semiotik, Semiologie, Strukturalismus), an wissenssoziologische und kultursoziologische Überlegungen sollten dabei so gearbeitet sein, dass sie in die Grundbegriffe eines empiriefähigen gesellschaftstheoretischen Denkens, das wesentliche Traditionen der Soziologie weiter führt und reflektiert, eingebaut sind: eine wissenssoziologisch geführte Kultursoziologie, der systemtheoretische Konstruktivismus, der Neo-Institutionalismus, der (Post)Strukturalismus, die neue pragmatische Soziologie sind Beispiele der Möglichkeiten, die sich dann eröffnen.
2) Ein zweites Merkmal des Profils des Soziologischen Seminars sollte in der Idee des theorievergleichenden empirischen Arbeitens gesehen werden – verstanden ganz im klassischen Sinne des Kritischen Rationalismus (I. Lakatos‘ Methodologie der Forschungsprogramme). Damit ist zunächst gemeint, dass ein sichtbarer Schwerpunkt in Theoriearbeit institutionalisiert werden sollte – in Differenz zur restlichen deutschschweizerischen Soziologie, wo der Akzent auf ganz anderen Spezialsoziologien liegt. Sodann ist damit gemeint, dass Theoriearbeit und empirische Sozialforschung eine Einheit bilden: theoriefähige Begriffe und empirische Daten sind forschungslogisch nicht trennbar. Dies impliziert ein Verständnis von Theoriearbeit, das gerade nicht Theorieexegese von Klassikern, sondern Theorievergleich als Methode meint: im Theorievergleich muss, wenn denn Theorien und die dadurch erzeugten Daten (oder genauso gut umgekehrt: Daten und die dadurch erzeugten Theorien) zwingend aneinander gekoppelt sind, eine Methode der Weiterentwicklung von Theorie genauso sehr wie eine Methode der Sekundäranalyse von Daten gesehen werden. Schliesslich ist damit aber auch ein sichtbarer Schwerpunkt in Methoden der empirischen Sozialforschung mitgesetzt. So institutionalisiert, also mit starker Referenz auf Theoriearbeit, sollten sich nicht nur unproduktive Frontstellungen zwischen Theorie und Empirie, sondern auch die genauso unproduktive (und mit Blick auf methodische Entwicklungen wie etwa jener der Simulation längst unterwanderte) Frontstellung zwischen quantitativen und qualitativen Methoden der Sozialforschung und zwischen Erzeugung von Daten und ihrer Sekundäranalyse vermeiden lassen.
3) Das Soziologische Seminar sollte schliesslich ein eigenes Profil auch auf einer sachthematischen Ebene finden, die die Verbindung zwischen wissenschaftlicher Forschung, akademischer Lehre und gesellschaftlich relevanten Themen empiriefähig herstellt. Hier sind höhere, eben sachnotwendige, Flexibilitäten eingebaut worden, aber gleichwohl auch nach Aussen, vor allem über den integrierten Studiengang in ‚Gesellschafts- und Kommunikationswissenschaften‘, sichtbare Prioritäten (etwa ‚Medien‘, ‚Organisationen‘, ‚Weltgesellschaft‘). So sollte schliesslich auch dasjenige deutlich gemacht werden, was mit der ‚inneren Kohärenz zwischen wissenschaftlichem Profil und gedoppelter Studienstruktur‘ gemeint sein kann: wenn mit gesellschaftstheoretischen Positionen gearbeitet wird, die Begriffskomplexe wie Kommunikation, Medien, Wissen, Zeichen, Diskurs, Kultur in die Grundstrukturen ihrer Argumentation einbauen (und dort den klassischen Akteursbegriff ersetzen), unterwandert dies theoretisch und empirisch dann eben nicht mehr sonderlich plausible disziplinäre Sonderlagen wie Soziologie vs. Publizistik vs. Medienwissenschaft. Es wird so möglich, die Analyse der Gesellschaft mit den gleichen soziologischen Grundbegriffen (etwa: Kommunikation) zu führen, die die Erforschung bestimmter gesellschaftlicher Einrichtungen wie Medien, Massenmedien, Organisationen, Weltgesellschaft auch zulassen. Dies ergibt im Effekt die Idee zweier profiliert soziologischer Lehrangebote, die sich in erster Linie über sachthematische Bezüge, und nicht über dann künstliche disziplinäre Abgrenzungen unterscheiden.
Dieses Profil ist seit Gründung des Soziologischen Seminars und der Universität Luzern mit einiger Konsequenz verfolgt und umgesetzt worden. In knapper Beschreibung der eingerichteten Professuren werden die Umsetzungsschritte deutlich.
Soziologie I: Der intellektuelle Schwerpunkt dieser Professur ist in einem (für die deutschschweizerische Soziologie, aber auch mit Blick auf publizistikwissenschaftliche Ausführungen) absichtsvoll unüblich konturierten Begriff der Kommunikation zu sehen. Es geht, im Kern, um Anschlüsse an die Sprach- und Kommunikationstheorie bzw. Medientheorie sowohl der europäischen zeichentheoretischen und sprachphilosophischen Tradition wie auch des amerikanischen Pragmatismus (also etwa Semiologie und Strukturalismus, Semiotik und Sozialbehaviorismus, Symbolischer Interaktionismus und Ethnomethodologie, Communications Research und Mediumtheorie, letztere mit vielen Bezügen zu althistorischer und ethnologischer Forschung) auf dem Niveau des gegenwärtigen gesellschafts- und kommunikationstheoretischen wie auch empirischen Denkens der Soziologie. Historisch-soziologische und qualitative Methoden (etwa Analyse historischer Semantiken, historische Strukturanalyse und Medienwandel, Rahmenanalyse, Diskursanalyse) einerseits, qualitativ-quantitative ‚mixed methods‘ (Medienereignisanalyse) andererseits definieren hier die methodischen Kernkompetenzen des Profils.
Soziologie II: Die Denomination dieser Professur in Theorien der Soziologie besetzt einen Schwerpunkt soziologischen Arbeitens, der in der deutschschweizerischen Soziologie nicht mehr vertreten ist. Die eine Idee hierbei war, spezialistische Kompetenz in soziologischer Theorie und Theorievergleich zu markieren, verbunden, aber dies ist inzwischen selbstverständlich (und gilt, für den gegengleichen Fall der Besetzung von Professuren mit spezialistischer Kompetenz in Methoden, ganz analog), mit methodisch und sachthematisch genauso ausgewiesener Forschungskompetenz. Die andere Idee nun hierbei war, mit Rudolf Stichweh den anerkannten Vertreter einer gesellschaftstheoretischen Orientierung zu gewinnen, die in vielerlei Hinsichten, nicht zuletzt vermittelt über die Zentralität des Kommunikationsbegriffs, an zeichentheoretische und sozialbehavioristische (und einige andere mehr) Traditionen anschliesst. Dieser Lehrstuhl bleibt bis heute die einzige Besetzung in Systemtheorie in der deutschschweizerischen Soziologie. Die sachthematischen Schwerpunkte der Professur lassen sich mit Weltgesellschaft, Wissenschaftssoziologie, Evolutionstheorie umschreiben, das methodische Profil umfasst Theorievergleich, Analyse historischer Semantiken und historische Strukturanalyse. Der bisherige Inhaber der Professur, Rudolf Stichweh, übernimmt ab dem Herbstsemester 2012 neue Aufgaben an der Universität Bonn, bleibt aber, in Forschung und Lehre, als ständiger Gastprofessor am Soziologischen Seminar präsent. Die angelaufene Wiederbesetzung des Lehrstuhls strebt eine Berufung an, die sowohl an die intellektuellen Leitideen wie auch an die akademische Reputation des bisherigen Lehrstuhlinhabers anzuschliessen vermag.
Soziologie III: Der intellektuelle Schwerpunkt dieser Professur liegt auf einer Wissens- und Kultursoziologie der Kommunikation und ihrer Medien (Medien als Möglichkeitsbedingung der Kovariation von Struktur und Kultur, wobei ‚Medien‘ hier Sprache, Schrift, Print-, Echtzeitmedien und visuelle Medien genauso sehr wie ‚Geld‘ meinen), mit zusätzlichen Schwerpunkten in französischer Soziologie (neben anderen: Bourdieu), Wirtschaftssoziologie (Geld als Medium der Kommunikation), Inklusions- und Exklusionsforschung, Theorien und Semantiken der Individualität und Personalität sowie Kunst- und Bildsoziologie (visuelle Kommunikation). Die Verbindung von Semantikforschung, Kunst- und Bildsoziologie hat eine intellektuell reiche, aber institutionell peripher gebliebene Tradition, die vor allem der Überlegung geschuldet ist, innovative Möglichkeiten der Beschreibung und Analyse visueller Kommunikation zu suchen. Bei aller anerkannten Zentralität des Visuellen in der Medienlandschaft der Gegenwart, hat weder die deutschschweizerische Soziologie noch die Publizistikwissenschaft hier erwähnenswerte Schwerpunkte institutionalisiert. Entsprechend ergeben sich auch hier gut sichtbare Profilierungschancen, die insbesondere in einer ausgebauten Kooperation mit der Universität Basel (NFS Eikones: Bildkritik) genutzt worden sind und werden. Das methodische Profil der Professur ist entsprechend auf Analysetechniken von Visualität, aber auch, allgemeiner, auf qualitative wissenssoziologische und historisch-soziologische Methoden (Analyse historischer und zeitgenössischer Semantiken) hin orientiert.
Soziologie IV: Der intellektuelle Schwerpunkt dieser Professur, mit der Denomination in Organisationssoziologie, verortet sich in einer langen und multidisziplinären (soziologischen, sozialpsychologischen, wirtschaftswissenschaftlichen, wirtschaftshistorischen) Tradition der Kritik am Modell des rationalen Entscheidens in (und von) Organisationen. Leitend sind hier durch den amerikanischen Pragmatismus beeinflusste verhaltenswissenschaftliche (James G. March) sowie institutionentheoretische Perspektiven (Philip Selznik, John W. Meyer). Der (Neo-)Institutionalismus bearbeitet in soziologischen Begriffen von Norm, Erwartung, Legitimation, Kultur Themen, die ihr wirtschaftswissenschaftliches Pendant in der disziplininternen Kritik am neoklassischen Leitparadigma des rational entscheidenden Akteurs haben. Grundlegend sind dabei Fragen der Informationsverarbeitung sowie interne und nach aussen gerichtete Kommunikation. Gut passend auch zu den Lehrschwerpunkten lassen sich die thematischen Spezialisierungen der Professur im Bereich Medienorganisationen, Wirtschaftssoziologie, Internationale Organisationen und Weltgesellschaft sehen. Das methodische Profil ist auf qualitative und quantitative Methoden der Sozialforschung gleichermassen ausgerichtet.
Soziologie V: Die Besetzung dieser Professur, mit der Denomination in ‚qualitativen und quantitativen Methoden der Sozialforschung‘ hat das Seminar, erneut, vor die besondere Herausforderung gestellt, einer für die deutschsprachige Soziologie lange recht typischen Eigenheit auszuweichen: dass hier methodische Spezialisierung sich eher selten mit auch umfassender gesellschaftstheoretischer Kompetenz kombiniert. Es dürfte mithin kein Zufall sein, dass das Profil der Professur sich sehr deutlich an einem Denken entwirft, das den französischsprachigen Raum prägt, aber inzwischen zunehmend auch im deutschsprachigen Wissenschaftsraum rezipiert wird: der ‚sociologie des conventions‘, oder auch, mit Betonung der wirtschaftssoziologischen Implikationen, der ‚économie des conventions‘. Die Konventionentheorie darf als eine gegenwärtig sehr diskutierte französische Spielart des Anschlusses an den Pragmatismus insofern beschrieben werden, als sie sich in Auseinandersetzung mit dem französischen Strukturalismus entwickelt hat. Sie schliesst dabei genau so sehr an Überlegungen an, die der symbolische Interaktionismus und die Ethnomethodologie vorbereitet haben, wie auch an die Kritik neoklassischer Rationalitätskonzepte, wie sie etwa Simons ‚bounded rationality‘ verkörpert. Im Zentrum steht die Idee der Erläuterung von Vorgängen sozialer Handlungskoordination anhand des Begriffs der Konvention, womit abwechselnd Rechtfertigungs- und Wertigkeitsordnungen oder eben auch, je nach Schwerpunktlegung, normative und kulturelle Sinnwelten, die im Hintergrund von Handlung mitlaufen und in deren Vordergrund auch erzeugt werden, gemeint sind (die Kompatibilität mit neoinstitutionalistischen Überlegungen, die in jüngerer Zeit auch zunehmend ausgelotet wird, ist entsprechend schwer zu übersehen). Neben der spezialistischen Kompetenz in qualitativen und quantitativen Methoden der Sozialforschung lauten denn auch die weiteren Schwerpunkte der Professur auf Wirtschaftssoziologie, aber eben auch, und hierin ebenso deutlich ausgewiesen, auf Kultursoziologie – in der besonderen, empirisch theorievergleichend gewonnenen, Kombination von Bourdieu und Foucault.
Nicht anders wie im Falle der die deutschsprachige Soziologie immer noch, wenn auch längst nicht mehr unangefochten, dominierenden Handlungstheorie stellt sich auch das, was hier in Begriffen einer profilmarkierenden akteurskonstruktivistischen Orientierung der ‚Luzerner Soziologie‘ beschrieben worden ist, als eine in sich sehr vielfältige Theoriefamilie dar. Als sichtbare Einheit lässt sie sich am einfachsten und wohl auch am treffendsten in ihrer Fundierung in den Ideen des Pragmatismus (linguistic turn, pragmatic turn) beschreiben. Einheitsleitend ist dabei der radikale (und in genau diesem Sinne akteurskritische) Empirismus des Pragmatismus: ‚Handlung‘ wird nicht mit Rekurs auf die (empirisch unbeobachtbare) ‚Innerlichkeit‘ von Akteuren erschlossen, sondern im Zugriff auf sprachliche Ausdrücke und beobachtbares Verhalten, oder, so in George Herbert Meads Sozialbehaviorismus ineins gesetzt, als symbolisches bzw. kommunikatives Verhalten. Gleichzeitig lassen sich die Variabilitäten, die diese Leitorientierung erzeugt, wiederum am einfachsten so sortieren, dass man nachschaut, wie jeweils sehr unterschiedlich an den Ideen weiter gearbeitet wurde, die sich bereits in Meads Sozialbehavorismus finden. Der Symbolische Interaktionismus bis hin zur ‚sociologie des conventions‘ verfolgt dabei eher die Idee weiter, nach der in Interaktion (oder in Organisation) Handlungskoordination durch (wie immer auch die Begriffe gewählt werden mögen) Kommunikation, Norm, Konsens, Kultur, Konvention sowohl ermöglicht wie umgekehrt im sozialen Akt der Handlungskoordination Konsens, Kultur, Konvention hergestellt wird – der Akteur tritt in die Stelle des Konstruierten und Konstruierenden zugleich. Semiotische, strukturalistische, systemtheoretische Konzepte arbeiten wiederum eher (teilweise in explizitem Anschluss) die Idee weiter aus, die sich bei Mead eben auch findet, nach der in der Konstitution sozialer Objekte sich eine emergente Ebene der Sprachlichkeit, der Zeichen, der Kommunikation herausbildet, die nach eigenen, nicht auf die beteiligten Akteure reduzierbaren, Regeln weiter evoluiert. Diese ‚familieninterne‘ Differenz erzeugt dann auch recht unterschiedliche Präferenzen des Anschlusses an eine Vielzahl weiterer Traditionen und Überlegungen, die in der Spannweite von der französischen Semiologie über die deutsche Wissenssoziologie bis zu Talcott Parsons Systemtheorie reichen können. Doch wie immer diese Differenzen gepflegt, kultiviert und theorietechnisch wie empirisch verfolgt und ausgebaut werden mögen – sie erzeugen Vielfalt im Rahmen eines grundbegrifflich als Einheit beschreibbaren Profils.
Deutlich dürfte auch geworden sein, dass der radikale Empirismus dieser Tradition gerade nicht den empiristischen Dogmatismus vieler sozialwissenschaftlicher Positionen meinen kann, die damit sich in erster Linie von als kulturwissenschaftlich apostrophierten Zugängen distanzieren. Der pragmatische Begriff von Empirie legt sich vielmehr spezifisch quer zu dieser Unterscheidung von Kultur- und Sozialwissenschaften, und arbeitet damit nicht nur ein soziologisches Profil heraus, das die weiteren soziologischen Angebote in der deutschen Schweiz ergänzt, sondern eben auch zu einer Fakultät recht gut passt, die sich als intellektuelle Einheit von kultur- und sozialwissenschaftlichen Zugängen selbst beschreibt.
Und schliesslich, auch dies dürfte vermerkenswert sein, fügt sich dieses Profil der Luzerner Soziologie, bei aller Erkennbarkeit des Eigenständigen, in einen doch langsam als solchen erkennbaren Trend inzwischen auch der deutschsprachigen Soziologie ein: ein Trend, den sie wenn auch nicht vorweg genommen, so doch zumindest auf eigene Weise mitgetragen hat, und der über die Kritik klassischer handlungstheoretischer Konzepte zu einer zunehmend sichtbarer werdenden Pluralisierung von Akteurskonzepten geführt zu haben scheint. Ein Trend, der an der theoretischen wie empirischen Analyse von Akteursmodellen kritisch ansetzt, kognitive, normative und intentionale "Unvollständigkeiten" von Akteuren aufzeigt, neue Formen von "Agency" modelliert – mit Konzepten wie Embeddedness, System, Agency, Kommunikation, Rechtfertigungsordnungen, Konventionen und so fort, die inzwischen ja längst nicht mehr im Geruch der intellektuellen Kuriosität stehen.
Der Aufbau des Soziologischen Seminars ist noch nicht abgeschlossen. Gegenwärtig steht insbesondere die Weiterentwicklung der Lehr- und Forschungsschwerpunkte des integrierten Programmes in ‚Gesellschafts- und Kommunikationswissenschaften‘ im Vordergrund. Es sind neue Masterschwerpunkte in Planung, deren Visibilisierung durch die Ausschreibung und Besetzung zweier neuer Professuren ermöglicht werden soll: ‚(Neue) Medien und Netzwerke‘ (Soziologie VI), sowie ‚Organisation und Kommunikation‘ (Soziologie VII). Eine der beiden Professuren (es steht nicht von vorneherein fest, welche) ist als zeitlich unbefristetes Ordinariat ausgeschrieben, die andere wird auf sechs Jahre befristet ausgeschrieben, mit Fortsetzungsoption, open rank (Assistenzprofessur/Extraordinariat/Ordinariat). Die beiden Professuren übernehmen Lehr- und Forschungsaufgaben im Rahmen der Schwerpunkte ‚Medien‘ und ‚Organisationen‘ des integrierten Programmes ‚Gesellschafts- und Kommunikationswissenschaften‘.