Mit der Wiederaufnahme der Lehrveranstaltungen vor Ort ist in diesem Semester wieder Leben im Uni/PH-Gebäude eingekehrt. Ein Stimmungsbild.

Man fühlte sich seltsam andächtig, bevor man zu Semesterbeginn am 20. September seit Langem wieder einmal durch die automatischen Türen der Universität trat. Drinnen war das gleich verflogen, es herrschte ein Gewusel wie in früheren Zeiten. Waren das aber immer so viele Leute im Foyer? Schnell die Stöpsel in die Ohren, es ist zu laut. Haben wir etwa verlernt, unter Leuten zu sein?

Alte und neue Moden

Manche Studierende wirken direkt übermütig, sie scheinen in der Menge und den Erlebnissen zu baden, und es kommt einem vor, als hätten sie sich speziell schick angezogen. Wir müssen zugeben, auch wir haben für den ersten Tag eine Bluse von zuhinterst aus dem Schrank hervorgeholt. Sie passt zwar noch, aber war die schon immer so unbequem? Vielleicht haben wir uns doch etwas zu sehr an Trainerhosen und Kuschelpullis gewöhnt. Einige scheinen weniger Skrupel zu haben, den «Zoom»-Look gleich beizubehalten.

Neben dem inoffiziellen Business-Dresscode der Jus- und Wirtschaftsstudierenden ist auch öfters dieser (auch nicht mehr ganz neue) Modetrend mit den übergrossen Hochwasserhosen, Plateauschuhen und Baseballcaps zu sehen. Vielleicht ist es das Alter, dass er uns – zwischen Ende 20 und Anfang 30 – nicht nachahmenswert erscheint. Aber wenigstens weiss man inzwischen, dass jede junge Generation ihre eigene Mode haben darf.

Wie viele unbekannte und immer jüngere Gesichter einem da den ganzen Tag begegnen!

Apropos junge Generation: Wie viele unbekannte und immer jüngere Gesichter einem da den ganzen Tag begegnen! Wenn die Entwicklung nicht semesterweise passiert, fällt es gleich umso mehr auf.

Neben den Übermütigen sieht man immer auch viele offensichtlich Erschöpfte. Sie schleppen sich in die Bibliothek, stolpern in die Mensa und schleichen in die Vorlesungen. War es nur Corona, das ihnen zugesetzt hat? Die ganzen Begleitumstände, allfälliger Jobverlust, Trennung von der physischen Lerngruppe, Diskussionen mit in Verschwörungstheorien abgerutschten Verwandten darüber, ob man sich nun impfen soll oder nicht? Oder war das früher auch so? Quälten sich frühere Jahrgänge auch schon so Semester für Semester zum Abschluss? Gleichzeitig mussten sich drei neue Semester ans Uni/PH-Gebäude gewöhnen. Sie fanden die Seminarräume nicht auf Anhieb (zum Beispiel den versteckten hinter der Bibliothek, wo man glaubt, aus Versehen im Bürotrakt gelandet zu sein). Sie wussten nicht, dass die grössten WC-Anlagen im UG, nicht im EG sind, aber man ohnehin besser bedient ist, wenn man in den Obergeschossen auf dem Weg nach unten schnell ein WC aufsucht. Und wir alle mussten wieder aushandeln, wie kurz vor der Mensa-Kasse man noch überholen darf.

Zurück in die Normalität

Nach ein paar Wochen haben die Studierenden, die seit dem Herbstsemester 2020 angefangen haben und deshalb vorher kaum eine Vorlesung vor Ort hatten, gelernt, dass es Tradition ist, nach den Vorlesungen als Applaus und Abschluss auf den Tisch zu klopfen. Klar, über «Zoom» machte Winken mehr Sinn. Sie finden nun die WCs auf allen Geschossen, und auch die Namensgebung der Seminarräume führt nur noch selten zu Irritationen. Im zuvor verwirrenden Gewusel erkennt man nun mehr oder weniger geordnete Massenbewegungen. Auch wir älteren Semester im Master haben uns in der neuen alten Situation wieder zurechtgefunden und ziehen uns gegenseitig durch die Tage und Texte. Trifft man heute die Studienkameradinnen und -kameraden an der Uni, wird der Lärm rundherum zum weissen Rauschen, das vertraute Gefühl kehrt zurück und man trägt selber zum lautstarken Diskutieren im Lichthof bei.

Franziska Winterberger

Masterstudentin der Kulturwissenschaften mit Schwerpunkt Soziologie; bis Ende 2021 Hilfsassistentin und 2022 bis Ende Juni Mitarbeiterin Wissenstransfer und Öffentlichkeitsarbeit an der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät