In der Lehrveranstaltung «Doing Business in Africa» können die Studierenden ihre Kenntnisse vor Ort in einer realen Geschäftsumgebung anwenden. Zugleich erfahren sie mehr über die Kultur und Geschichte des Landes.

Bei der Fischzucht-Firma «Kivu Tilapia» durften die Studierenden bei der letzten Durchführung neben dem Einsatz wirtschaftswissenschaftlichen Knowhows auch manuell zugange gehen.

Bald ist es zum zweiten Mal so weit: Im Rahmen eines Lehrauftrags an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät habe ich im Frühjahrssemester 2024 erneut die Gelegenheit, zwanzig engagierten Studierenden einen tieferen Einblick in das Geschäftsumfeld Afrikas zu vermitteln. Als auf Wachstumsprojekte in Entwicklungsländern spezialisierter Unternehmensberater verfüge ich über berufliche Erfahrungen in verschiedenen afrikanischen Ländern, so auch in Ruanda. Während des zehntägigen «Field Trips» im April steht wiederum weniger touristisches Sightseeing auf dem Programm. Vielmehr erhalten die Studierenden einen Beratungsauftrag von einer lokalen Firma, den sie in Gruppen bearbeiten und am letzten Tag dem Management der Firma präsentieren.

Zunehmende globale Relevanz

Der Kontinent ist gewaltig, mit einer Fläche, die grösser ist als die von China, Indien, den USA und ganz Westeuropa zusammen. Er umfasst über 50 Länder mit fast genauso vielen Währungen und Hunderten Sprachen. Die Vernetzung zwischen den Nationen und Städten ist begrenzt, die Institutionen sind oft schwach, und die Länder stehen vor wirtschaftlichen Herausforderungen. Heute leben über eine Milliarde meist sehr junge Menschen in Afrika, dessen Bevölkerungswachstum jenes in anderen Teilen der Welt bei Weitem übertrifft. Der Kontinent befindet sich in einem rasanten Urbanisierungsprozess und gewinnt global zunehmend an Wichtigkeit.

Die Firma revolutioniert die medizinische Versorgung entlegener Gemeinden
Samuel Forrer

Afrikanische Länder etablieren sich immer mehr auch als Quelle für innovative Ideen und Technologien. Ein Beispiel hierfür ist das in Ruanda gegründete, inzwischen weltweit tätige Unternehmen Zipline, das die Studierenden bei der ersten Durchführung besuchten. Die Firma revolutioniert die medizinische Versorgung entlegener Gemeinden, indem sie Drohnen einsetzt, um Medikamente und Blutkonserven zu liefern. Durch die zentrale Lagerhaltung und den Einsatz von Langstreckendrohnen werden Lagerungskosten abgebaut und die Lieferzeiten für Medikamente erheblich verkürzt. Diese Innovation ist nicht nur in Entwicklungsländern von Bedeutung, sondern findet auch in entwickelten Märkten, einschliesslich den USA, Anwendung.

Beitrag zur Ernährungssicherheit

Ein auch hinsichtlich positiver sozialer oder ökologischer Effekte inspirierendes Beispiel ist das Unternehmen «Kivu Tilapia», mit dem die Studierenden im Rahmen eines Beratungsprojekts zusammenarbeiteten. Diese Fischzucht am Kivusee an der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo produziert den in der Region beliebten Tilapia-Fisch ausschliesslich für den heimischen Verbrauch. Zuvor gab es in der Region kaum eine nennenswerte lokale Fischproduktion, obwohl das Einzugsgebiet, zu dem auch der östliche Kongo und Burundi zählen, mit rund 40 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern die bevölkerungsdichteste Region in Afrika ist. Die Gründer von Kivu Tilapia erkannten dieses Potenzial und bauten innerhalb von vier Jahren eine jährliche Produktionskapazität von 1000 Tonnen Tilapia auf, die sie in den nächsten Jahren auf 3000 Tonnen verdreifachen möchten. Mit der Expansion des Betriebs fördert Kivu Tilapia nicht nur das eigene Geschäft, sondern leistet auch einen erheblichen Beitrag zur lokalen Wirtschaftsentwicklung, zur Ernährungssicherheit in Ruanda und zur Bewältigung globaler Herausforderungen wie der Überfischung der Weltmeere.

Bereicherung für alle

Die Bearbeitung aktueller strategischer Fragestellungen lokaler Firmen ermöglicht den Studierenden eine direkte Interaktion mit diesen und verschafft ihnen vertiefte Einblicke in afrikanische Unternehmen und deren Herausforderungen. Um Lösungsansätze entwickeln zu können, müssen die Studierenden vor Ort Informationen und Daten beschaffen und lernen so, sich im afrikanischen Kontext zurechtzufinden. Das praktische Engagement der Studierenden bringt nicht nur ihnen selbst Vorteile, sondern auch den Partnerunternehmen, die wiederum von den Perspektiven und Empfehlungen der Studierenden profitieren können.

Samuel Forrer

Führt die Lehrveranstaltung «Doing Business in Africa» durch; Projektleiter bei der Strategieberatungsfirma Value Dynamics AG, Zürich