Joëlle Ziegler ist «Bereichsleiterin Personal» beim Krankenversicherer Concordia. Die 34-Jährige aus Luzern kann in der Praxis in vielerlei Hinsicht auf ihren Master in Soziologie mit Schwerpunkt Organisation und Wissen aufbauen und daran anknüpfen.

Weitsicht: Joëlle Ziegler auf der Terrasse des Concordia-Hauptsitzes am Bundesplatz in Luzern. (Bild: Roberto Conciatori)

Joëlle Ziegler, was sind Ihre Hauptaufgaben?
Joëlle Ziegler: Zusammen mit meinem Team bin ich verantwortlich für die Beratung und Betreuung der gesamten Belegschaft – rund 1400 Mitarbeitende. Wir verantworten ihren «Life Cycle», begleiten sie also vom ersten Kontakt über die Zeit, in der sie bei uns angestellt sind, bis hin zum Austritt. Dazu habe ich ein Team von 20 Human-Relations-Mitarbeitenden in Luzern und Lausanne.

Ihr Team betreut also auch die Bewerbungsverfahren?
Ja, bei Vakanzen schauen wir mit den Führungskräften, wen sie suchen. Wir schreiben aus, sondieren Bewerbungen, machen eine Selektion, stellen die neuen Mitarbeitenden ein, regeln alles Vertragliche und die Administration. Und schauen dann, dass der Start und die Einarbeitung reibungslos gelingen. Wir sind aber auch generell da, wenn es Probleme gibt, zum Beispiel im Team oder infolge von Krankheiten. Da führen wir Gespräche, beraten und suchen Lösungen. Dazu machen wir Mitarbeitenden-Befragungen und -Beurteilungen, Lohnrunden, Lohndiskussionen, klären Fragen zu Zeiterfassung, Sozialversicherung, Pensionierung … Es ist sehr vielfältig. Oft denkt man ja, HR sei einfach die Lohnzahlung, aber es ist so viel mehr.

Welche Kriterien sind bei Bewerbungen wichtig?
Zentral ist, dass die Unterlagen sauber daherkommen und dass man sieht, dass sich jemand Zeit genommen hat, um etwa den CV zu erstellen. Das Dossier soll vollständig, fehlerfrei und schlüssig sein. Wichtig zu erwähnen in diesem Zusammenhang: Der Trend geht ganz klar dahin, dass man auch als Arbeitgeber Bewerberinnen oder Bewerber ansprechen muss.

Also, dass aktiv auf potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten zugegangen wird?
Ja, es geht darum, sich als Firma zu positionieren und sich zu überlegen, wie man auf dem Markt agiert. Schliesslich will man geeignete Mitarbeitende finden und auch halten. Ich bin auch Projektleiterin bei der «Employer Branding»-Strategie, wo es um solche Fragen geht. Social Media und Events sind ein wichtiger Teil davon.

Ich glaube an eine Art Zufallsprinzip in der Jobfindung.

Wie sah Ihr Weg aus bis zur «Bereichsleiterin Personal»?
Nach dem Studium war mir noch nicht so klar, in welche Richtung ich gehen möchte, und ich verschaffte mir einen Überblick, welche Möglichkeiten es auf dem Arbeitsmarkt gibt. Dann landete ich bei einer internationalen Unternehmensberatung, die eine Art Traineeprogramm anbot, insbesondere für Studienabgängerinnen und -abgänger. Sie wollten damals einen Standort in Luzern aufbauen und suchten dazu eine junge Beraterin. Während der vier Jahre dort baute ich mir ein eigenes Portfolio auf und einen Kundenstamm. Und so lernte ich auch die Concordia kennen – als Kundin. Denn unser Unternehmen war dort zuständig für die Assessments für Führungskräfte. Der Wechsel war nicht geplant, sondern hat sich so ergeben.

Wie gelingt ein guter Start in die Berufswelt?
Schwierig zu sagen – ich glaube an eine Art Zufallsprinzip in der Jobfindung. Es ist sicher wichtig, sich einen Plan zurechtzulegen: Wo möchte ich hin? Was macht für mich Sinn und woran habe ich Spass? Und nachher auch gewisse Sachen zuzulassen. Je nach Studium ist für Arbeitgeber teils nicht klar, welche Skills die Absolventinnen und Absolventen mitbringen. In der heutigen agilen Welt ist eine Flexibilität im Denken, das Weiterdenken, das Abstrahieren, das Konzipieren gefragt. Mir wurde erst später klar, welche und wie viele Skills ich eigentlich während meiner Studienzeit entwickelt habe. Ich schätzte an meinem Studiengang extrem, dass ich mir ein Verständnis für den Menschen und sein Verhalten in der Gruppe aneignen konnte. Gefragt, was ich studiere, antwortete ich immer: Soziologie ist Psychologie der Gesellschaft, im Alltag. Man muss das, was man lernt, alltagstauglich machen.

Auch haben Sie sich immer weitergebildet …
Bei einem Nachdiplomstudiengang als Personalleiterin lernte ich viel über operative Leitung im HR. Dabei war die theoretische Basis aus dem Uni-Studium sehr hilfreich. Aktuell bin ich an einem «Executive Master of Business Administration» (EMBA) an der Hochschule Luzern dran. Es geht stark ins Thema Management und Leadership hinein, hierzu möchte ich mehr erfahren. Die Kombination aus Theorie und Praxis funktioniert sehr gut, und das Netzwerk, das dort entsteht, ist wertvoll. Der Austausch zwischen den Studierenden bringt mich enorm weiter.

Vera Bender
Sektionsvorsteherin Kultur- und Sozialwissenschaften der ALUMNI Organisation der Universität Luzern, ist Inhaberin der Kommunikationsagentur «Text-Architektin»