Wie hast du’s mit der Digitalisierung? Dazu hat Angelo Breda an der Universität Videointerviews geführt. Und kommt zum Schluss: rasante technologische Entwicklung zum Trotz – zentral bleibt die persönliche Begegnung.

(Bild: © go2 /photocase.de)

Mit den digitis digitalisieren, also tippen auf der Tastatur. Dann binär, also entweder – oder. Quanten und Wahrscheinlichkeit; vielleicht die analoge Zukunft der Digitalisierung mit Computern. To compute, berechnen, daher Rechner. Auf Französisch ordinateur, weil IBM wohl meinte, es gehe um weit mehr als nur das Rechnen; Organisation ist das Zauberwort. Organisation von Information, typischerweise elektrischer Zustände.

Ein binary digit (Bit) kann ein Paar (zwei) Zustände abbilden. Acht Bit gibt ein Byte. Ein Byte kann 2⁸ Zustände abbilden, also 256. Mein Laptop hat 1 Terabyte Speicherplatz (hab' ich mir gegönnt). Kilo-, Mega-, Giga-, Terabyte, jeweils Faktor 1024 (weil 2¹⁰, daher eigentlich Tebibyte, aber weil bei uns die erste Zähl- oder Rechenhilfe wiederum die digitis waren, zählen wir lieber bis zehn), also 2 * 8 * 1024 * 1024 * 1024 * 1024, das heisst 17592186044416 (über 17 Billionen) Zustände, oder rund 380000 Fotos mit 8 Megapixel. Das Video hätte etwa 1000-mal Platz. Könnte aber auch sein, dass das alles falsch ist; die Informationen habe ich aus dem Internet. Die Frage ist: Sind es zu viele Informationen? Zwar nicht gasförmig, aber überflüssig? Zur Reduktion aufs Wesentliche dann die filter bubble, und wen interessiert eigentlich Datenschutz so fest, dass er nicht Google, sondern DuckDuckGo benutzt?

24/7 an Screens?

Jedenfalls ist der Computer immer dabei und organisiert fleissig unseren Alltag. Einigen sagt ein Computer, dass sie aufstehen sollen, dass jetzt bald ein Meeting stattfinden wird oder dass gerade ein Anruf eingeht. Wer ein Smartphone hat, ist wohl ein Cyborg. Stunden um Stunden Bildschirm, immer und überall; digital detox. Eben gerade nicht Insta, sondern nachher. Später, aber follow me.

«Hey, schicksch mer am beschte es Mail.» Immer Mails beantworten. Mailverteiler. Bei zu vielen Empfängerinnen gemäss Richtlinie mit der IT koordinieren. Kopien und abertausende Kopien. Dabei gäbe es Git. Aber es geht eben doch nicht von alleine. Jedenfalls das nicht. Wenn du nicht weisst, dass du mit «WindowsTaste» + «V» auf eine erweiterte Zwischenablage zugreifen kannst, dass du deine Eingabeposition durch Verschieben des Daumens auf dem Bereich deines Touchscreens, der die Leertaste markiert, verschieben kannst, oder dass Alfred ein besseres Spotlight ist, dann bist du wahrscheinlich langsam oder so.

Meine Uni [...] besteht im Anthropozän eben immer noch aus den Menschen.
Angelo Breda

Dahinter stehen Menschen

Während sich die meisten von uns durch die mittlerweile optisch ansprechenden user interfaces kämpfen, wenn sie eine Funktion suchen, berechnen andere, ob eine Transaktion gemessen am bisherigen Transaktionsverlauf ausgelöst werden können sollte, und brauchen dafür die besten Grafikkarten und damit insgesamt so viel Strom wie ganze Staaten. Dafür bekommen sie Bitcoin. Meine Grafikkarte macht keinen Bitcoin, aber beim Video hat sie schon auch gerechnet.

Meine Uni, die wahrscheinlich auch deine Uni ist, besteht im Anthropozän eben immer noch aus den Menschen. Diese sollen auch im Zentrum stehen, denn darum geht’s insbesondere auch bei der Digitalisierung; sie soll uns ja das Leben leichter machen, Neues ermöglichen und, simmer ehrlich: Es ist schon ziemlich geil, was alles geht. Man denke an OpenAI, ganz sicher das von Monika Egger entwickelte interaktive Hörbuch «Das Land hinter dem Fluss», aber nur vielleicht das IoT. Auch ein bisschen scary; oder megascary, je nachdem. Bislang scheint die Meinung noch klar: Individuum ist ein Computer nicht. Auch nicht, wenn er als Roboter daherkommt. Deshalb kann er ja auch (eigentlich) nicht haften. Dass zur Klärung dieser Frage jedoch bereits Millionenbeträge aufgewendet wurden, zeigt, dass die Grenzen wohl doch nicht so klar sind. Ob Computer auch Menschen sind, habe ich die Letzteren nicht gefragt, sondern:

Was ist Digitalisierung? Was heisst «persönlich»? Wie funktioniert ein Computer? Hast du Hoffnungen oder Befürchtungen betreffend die Digitalisierung? Metaverse? Internet of Things? Papier oder Bildschirm? Was zeichnet die Universität Luzern in Sachen Digitalisierung aus? Dein digitaler Geheimtipp?

Auf der Suche nach Antworten und in der Überzeugung, dass die Institution aus den Beziehungen der ihr Angehörigen besteht, habe ich vor Ort ziemlich random irgendwelche Leute angesprochen, die gerade die Bürotür offen gehabt haben oder mir auf der Treppe begegnet sind. Einige haben diesen Überfall akzeptiert, mir die Fragen beantwortet und sich dabei filmen lassen; ihnen gilt mein herzlicher Dank: Özge Dengiz, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie; Dr. Monika Egger, Lehrbeauftragte für Bibelhebräisch; Dr. Roman Gibel, Oberassistent am Soziologischen Seminar; Livia Keller, Jus-Masterstudentin sowie wissenschaftliche Hilfsassistentin am Lehrstuhl für Privatrecht und Privatrechtsvergleichung sowie studentische Forschungsmitarbeiterin bei der Fachstelle für Chancengleichheit; Oğuzhan Latif Nuh, Absolvent des Masters in Health Sciences; Luca Sommerer, Jus-Masterstudent, sowie Manuel Alessandrini, Medizinstudent an einer anderen Uni.

Sich Zeit nehmen

Wenn wir dem Ideal einer persönlichen Uni gerecht werden möchten und es sich dabei nicht nur um einen Marketingversuch handeln soll, kommen wir nicht darum herum, einander zu begegnen. Dafür muss man sich Zeit nehmen. Zeit für sich, damit man genügend Energie und Aufmerksamkeit aufbringen kann, um anderen so zu begegnen, dass sie sich aufgehoben und sicher fühlen. Zeit für die anderen, damit man ihnen auch wirklich begegnet.

Foto Angelo Breda

Angelo Breda

Wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Recht der nachhaltigen Wirtschaft und Rechtsphilosophie von Professor Klaus Mathis. Angelo Breda forscht zur Frage, wie Rechtsnormen Bedeutung erhalten.

www.unilu.ch/angelo-breda