Am Tag der offenen Tür der Universität Luzern lassen sich in der Rolle einer Spitalpatientin, eines -patienten verschiedene Stationen durchlaufen. Dabei zeigen sich auch die Komplexität eines Spitals und die Notwendigkeit einer guten Koordination.

Simuliertes Patientengespräch: Im Joint Master Medizin der Universitäten Luzern und Zürich wird unter anderem mit Schauspielpatientinnen und -patienten geübt. Im Bild: Ellinor Wyss während ihres Studiums, das sie mittlerweile erfolgreich abgeschlossen hat; inzwischen ist sie als Assistenzärztin tätig.

Mit «Gesundheit erleben» lädt die Fakultät für Gesundheitswissenschaften und Medizin am Jubiläumsanlass vom 25. Oktober die Besucherinnen und Besucher von Jung bis Alt zu einer Patientenreise durch verschiedene Spitalstationen ein – von der Aufnahme über Diagnostik und Operation bis zur Visite und Entlassung. Dabei geht es nicht nur um Medizin, sondern auch um rechtliche, gesellschaftliche und ethische Fragen rund um gute Versorgung.

Übergänge als Herausforderung

Nach der Aufnahme der Patientinnen und Patienten ins Spital stellt sich die Frage, wie die Übergänge zwischen den verschiedenen Abteilungen organisiert werden: Erstuntersuchung, Diagnostik, Behandlung, Verlegung innerhalb des Spitals, operativer Eingriff, Therapie, Pflege usw. Bei diesen Übergängen kann es zu Abstimmungsschwierigkeiten kommen – insbesondere, wenn unterschiedliche Berufsgruppen involviert sind. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass eine optimale Koordination der Übergänge die Gesamtzufriedenheit mit dem Krankenhausaufenthalt am stärksten beeinflusst. Einzelne fachliche Pannen werden von den Patientinnen und Patienten eher verziehen als mangelnde Koordination. Beispielsweise, wenn der Patient seine Symptome stets aus Neue erklären muss, wenn Diagnostiken in jeder Abteilung wiederholt oder wenn vorherige Abklärungen ignoriert werden.

Da Spitäler zentral geführt werden und meist über einheitliche elektronische Erfassungssysteme verfügen, kommt dies allerdings selten vor. Das Problem stellt sich eher bei den Übergängen zwischen verschiedenen ambulanten und stationären Versorgern wie Hausärzten, Spezialistinnen, Therapeuten und Spitälern. Wo es keine einheitlichen Systeme für den Informationsaustausch gibt, kommt es immer wieder zu Mehrfachabklärungen oder Missverständnissen zwischen den einzelnen Gesundheitsanbietern. Für Betroffene mit seltenen Krankheiten ist die Belastung besonders gross: Auf dem Weg durch verschiedene Spezialsprechstunden werden Fragen und Tests immer wieder neu erhoben. Hauptgründe sind inkompatible Systeme, Lücken in den Akten und die Notwendigkeit, seltene Diagnosen sorgfältig abzusichern.

Schätzungen zufolge möchte in der Schweiz mehr als ein Viertel der Patientinnen und Patienten Behandlungsentscheidungen komplett den Ärztinnen und Ärzten überlassen.

Patientinnen und Patienten können sich zwischen den verschiedenen Behandlungsstationen gut aufgehoben und begleitet oder wie eine Kugel im Flipperkasten herumgeschoben vorkommen. Die Bedürfnisse sind unterschiedlich: Die einen möchten bei jedem Schritt mitreden, während die anderen froh sind, wenn sie sich nicht mit Entscheidungen herumschlagen müssen und dies den Fachleuten überlassen können. Bis vor rund zehn Jahren galt die Maxime, Patientinnen und Patienten stets eng in medizinische Entscheidungen einzubinden. Seither ist anerkannt, dass viele dies nicht möchten. Es gibt einige Berichte von berühmten Ärzten, die selbst zu Patienten wurden und trotz ihres grossen medizinischen Wissens die Entscheidungsverantwortung gerne den behandelnden Ärztinnen und Ärzten überliessen. Man schätzt, dass weltweit die Hälfte der Patientinnen oder Patienten Behandlungsentscheidungen zusammen mit der Ärztin oder dem Arzt fällen will. Je ein Viertel möchte dies entweder allein tun oder dies vollständig der Ärztin oder dem Arzt überlassen. In der Schweiz wird der Anteil der Personen, die Entscheidungen komplett den Ärztinnen und Ärzten überlassen wollen, noch höher geschätzt.

Freie Spitalwahl und Aufnahmepflicht

Daher ist es wichtig, für sich ein Spital zu finden, das Vertrauen ausstrahlt und die eigenen Bedürfnisse in Bezug auf Behandlung, Informationsaustausch und Entscheidungshoheit erfüllt. Schliesslich gibt es in der Schweiz die freie Spitalwahl. Unabhängig davon, ob man allgemein- oder privatversichert ist oder in ein öffentliches oder Privatspital möchte, unterliegt das Spital einer Aufnahmepflicht. Bei geplanten Eingriffen werden die Kosten für alle Spitäler auf der kantonalen Spitalliste übernommen. Diese umfasst je nach Fachbereich alle kantonalen Spitäler inklusive Geburtshäuser sowie einige ausserkantonale Spitäler und die Universitätsspitäler in Basel, Bern und Zürich. Bei Notfällen zählt zuerst die medizinische Dringlichkeit. Bei Einlieferungen durch den Rettungsdienst per Ambulanz oder Helikopter darf man das Zielspital ebenfalls wählen. 

Wer denkt, er sei zu Unrecht von einem Luzerner Spital nicht aufgenommen worden oder vom Rettungsdienst gegen seinen Willen in ein bestimmtes Spital eingeliefert worden, kann dies einer kantonalen Beschwerdestelle melden. Patientinnen und Patienten sind folglich nicht passive Empfängerinnen und Empfänger von Gesundheitsleistungen, sondern können mitreden und mitwirken, und dadurch auch die Gesundheitsversorgung im Kanton Luzern verbessern.
 

Parcours «Gesundheit erleben – Schritt für Schritt durch den Patientenpfad»
10–18 Uhr; 4. OG, Start im EG im Foyer am Stand der Gesundheitswissenschaften
Dauer: flexibel und nach Interesse; für alle Altersgruppen geeignet
Mehr Infos zu diesem Programmpunkt und zum Jubiläumsfest
 

Vortrag «Das Spital der Zukunft»

Im Rahmen des Jubiläumsanlasses vom 25. Oktober hält zudem Prof. Dr. Martin A. Walter, Titularprofessor für klinisch-medizinische Wissenschaften, den Vortrag «Das Spital der Zukunft». Wie werden Spitäler in der Zukunft aussehen und funktionieren? Welche Technologien werden wann Einzug halten, und welchen Einfluss wird das auf die medizinische Versorgung haben? Das Referat gibt einen Einblick in die zukünftigen Entwicklungen und Veränderungen im Spitalwesen sowie deren Chancen und Risiken. (red.)

14.50–15.20 Uhr,  Hörsaal 8 im EG; empfohlen ab 15 Jahren

Foto Armin Gemperli

Armin Gemperli

Professor für Versorgungsforschung
www.unilu.ch/armin-gemperli