Interdisziplinäre Tagung FS 2022

Strafbarkeit der Knabenbeschneidung? Rechtliche Würdigung der medizinisch nicht indizierten Zirkumzision an urteilsunfähigen Jungen vor dem Hintergrund medizinischer und theologischer Perspektiven

Interdisziplinäre Tagung zum Thema «Strafbarkeit der Knabenbeschneidung» von Prof. Andreas Eicker sowie Prof. Stephanie Klein am 7. April 2022 an der Universität Luzern.

Im Anschluss an das Forschungsprojekt «Ehre in Familie, Recht und Religion» der Professur für Strafrecht und Strafprozessrecht (Prof. Andreas Eicker) sowie der Professur für Pastoraltheologie (Prof. Stephanie Klein) fand am 7. April 2022 eine interdisziplinäre Tagung zum umstrittenen Thema «Strafbarkeit der Knabenbeschneidung» an der Universität Luzern statt. Dies im Rahmen des Universitären Forschungsschwerpunkts «Wandel der Familie im Kontext von Migration und Globalisierung» (FaMiGlia) sowie in Verbindung mit dem interfakultären «Zentrum für Religionsverfassungsrecht» (ZRV) und dem «Zentrum für Recht und Gesundheit» (ZRG).

Der strafrechtliche Umgang mit der medizinisch nicht notwendigen männlichen Genitalbeschneidung im Kindesalter ist umstritten und beschäftigt sowohl die Strafrechtspraxis als auch die Strafrechtswissenschaft seit Jahren. Eine Strafvorschrift wie im Falle der weiblichen Genitalverstümmelung gibt es nicht, gleichwohl ist der ärztliche Eingriff in die körperliche Integrität einer Person grundsätzlich eine Körperverletzung.

Die Frage, ob ein solcher Eingriff überhaupt tatbestandlich ist und unter welchen Voraussetzungen er ggf. gerechtfertigt erscheint, lässt sich genauso nur interdisziplinär beantworten, wie die Frage der Gebotenheit einer strafrechtlichen Verfolgung. Es greifen unterschiedliche juristische Aspekte ineinander und diese treffen auf medizinische, anthropologische, theologische und kulturelle Gegebenheiten. Ausdruck der kontrovers geführten Debatte ist auch das im Frühling 2022 im Unimagazin «cogito» erschienene Interview mit Andreas Eicker als Strafrechtsprofessor und Erdal Toprakyaran als Professor für Islamische Theologie sowie Rabbiner Dr. David Bollag (alle Universität Luzern).

Anlässlich der Tagung ist es gelungen, die Frage der Strafbarkeit der sog. Knabenbeschneidung vor dem Hintergrund verschiedener involvierter Perspektiven zu beleuchten und zu diskutieren. Die Ergebnisse fliessen ein in einen Tagungsband, der unter dem Titel der Tagung in den Verlagen Stämpfli (Schweiz) und Kohlhammer (Deutschland) veröffentlicht wird.

Das Tagungsthema und die geführte Diskussion sind insbesondere auch im Ausland auf Interesse gestossen, so dass die Debatte im Rahmen einer international besetzten Tagung in Istanbul und Antalya im Juli 2022 fortgesetzt wird. Dabei wird vornehmlich das Rechtsinstitut der «Sozialadäquanz» vor dem Hintergrund der lokalen Gegebenheiten betrachtet und auf weitere Regelungsgegenstände bezogen.     

MITWIRKENDE DER TAGUNG

An der Luzerner Tagung haben – in Anpassung des ursprünglich vorgesehenen Programms (vgl. Flyer) – folgende Personen mitgewirkt:

Prof. Dr. Andreas Eicker, Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht sowie Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Luzern

Prof. Dr. med. Philipp Szavay, Chefarzt Kinderchirurgie am Luzerner Kantonsspital und ehem. Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie

Christoph Geissbühler, Pro Kinderrechte Schweiz, Zürich

Rabbiner Dr. David Bollag, Lehr- und Forschungsbeauftragter am Institut für Jüdisch-Christliche Forschung an der Theologischen Fakultät der Universität Luzern sowie Rabbiner an der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich

Prof. Dr. Erdal Toprakyaran, Professor für Islamische Theologie an der Theologischen Fakultät der Universität Luzern sowie Professor für Islamische Geschichte und Gegenwartskultur am Tübinger Zentrum für Islamische Theologie der Universität Tübingen, Deutschland

Dr. Abdelaali El Maghraoui, Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der AIWG Longterm-Forschungsgruppe «Normativität des Korans» am Tübinger Zentrum für Islamische Theologie der Universität Tübingen, Deutschland

Sarah Wildi, Staatsanwältin, Staatsanwaltschaft für Besondere Aufgaben des Kantons Bern

Sebastian Schneider, Staatsanwalt, Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Region Bern-Mittelland

Dr. Nora Scheidegger, PostDoc am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht in Freiburg im Brsg. sowie Lehrbeauftragte am Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Bern und Lehrbeauftragte an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Luzern

Ass. iur. RA Fabian Brand, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht von Prof. Eicker an der Universität Luzern sowie ehem. Mitarbeiter des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung in Lausanne.

Dr. Ramazan Baris Atladi, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Habilitand und Dozent für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Rechtsfakultät der Akdeniz Üniversitesi Antalya, Türkei

Flyer