Bernarda Brunovic

Bernarda Brunovic Studiert im 10. Semester in ihrem Fernstudium Theologie

Stand des Interviews: Januar/Februar 2019

Weshalb hast du dich für die Uni Luzern und deine Studienrichtung entschieden? Ich wusste schon seit der 3. oder 4. Primarschule, dass ich Theologie studieren will. Während meiner Gymi-Zeit 2013 habe ich dann erzählt bekommen, dass in Luzern Theologie auch per Fernstudium studiert werden kann. Das war für mich insofern ideal, als ich zu der Zeit auch begann, mehr auf die Musik zu setzen und so die Möglichkeit bekam, nebenher noch viel zu machen. Ausserdem spare ich mir das Pendeln zur Uni – ich bin niemand, der im Zug sehr produktiv ist, da lerne ich lieber in der Zeit.

Hattest du irgendwelche Ängste vor dem Studienbeginn? Ich habe mir keine grossen Gedanken darüber gemacht, sondern bin einfach mal gestartet. Es hat am Anfang des Studiums, 2014, technisch etwas gehapert. Ich war noch nicht ganz ausgerüstet, und vor allem mit OLAT war es nicht immer einfach. Ich arbeite mit Laptop, Sprachprogramm und blindentechnischem System. Teilweise war es dann zum Beispiel nicht möglich, Podcasts abzuspielen, oder nicht alle Inhalte wurden vom Programm gelesen. Aber schon nach dem ersten Semester hat das alles eigentlich gut geklappt.

Was willst du nach dem Studium machen? Mein Plan A ist, dass ich es mit der Musikkarriere versuchen möchte. Sollte das nicht klappen, wäre es für mich das grösste, Musik und mein Studienfach vereinen zu können – zum Beispiel mit der Arbeit in einer Kirche oder bei der Seelsorge. Auch eine Tätigkeit in Richtung Ethik oder Sozialarbeit fände ich schön, aber ich möchte jetzt erst mal mein Studium abschliessen und dann sehen, wo mich das Leben hinbringt.

Was sind für dich die grössten Hürden im Studium, gerade mit einer Sehbeeinträchtigung? Von Seiten der Uni gab es für mich wenig Hürden. Die Dozierenden waren eigentlich alle immer sehr hilfsbereit und auch die Kommunikation, um mich für Prüfungen oder Veranstaltungen anzumelden klappt super – da bin ich Herrn Wehrli, unserem Studienleiter, extrem dankbar. Eine Schwierigkeit ist fachspezifisch: Das Erstellen schriftlicher Arbeiten ist meiner Erfahrung nach nicht einfach, gerade auch das Suchen nach Literatur. Als blinde Person kannst du nicht einfach in die Bibliothek gehen und Bücher durchstöbern. Es gibt zwar Institutionen, die Material für Sehbeeinträchtigte lesbar aufarbeiten, aber oft stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Kopien zum Thema nicht passen. Ich suche noch nach dem idealen Weg.

Was war die positivste/negativste Erfahrung deines bisherigen Studiums? In Bezug auf die Uni ist das schwierig – das sehe ich eigentlich fast nur positiv. Und negative Erfahrungen habe ich, was das Studium betrifft, vor allem mit der IV-Stelle gemacht. Gerade die Wahl meiner Studienrichtung bzw. meines Studienfachs wurde da nicht wirklich gern gesehen. Ich möchte mich bemühen, ins Arbeitsleben einzusteigen und eben nicht von Leistungen abhängig zu sein – das Fernstudium gibt mir dazu die richtige Basis und auch die Freiheit, die ich im Präsenzstudiengang nun mal nicht hätte.

Wie reagieren deine Kommiliton*innen oder Dozierende auf deine Beeinträchtigung? Aufgrund des Fernstudiums habe ich natürlich mehr mit Dozierenden Kontakt, und die haben alle immer gut und hilfsbereit reagiert. Negative Reaktionen sind, wenn es sie gab, nicht bei mir angekommen

Wo erleichtert die Uni deinen Studi-Alltag? Nur schon, dass es die Möglichkeit des Fernstudiums gibt, ist für mich extrem wertvoll. Hürden wie Material schleppen, Pendeln und Co. verschwinden so schon mal.

Nimmst du einen Nachteilsausgleich in Anspruch? Ja, bei vereinzelten schriftlichen Prüfungen bekomme ich mehr Zeit. Eine gesunde Person hat was sie schreibt vor Augen, ich muss mir was ich verfasst habe im Kopf merken, um zu wissen, was noch fehlt. Alles ständig wieder durchzugehen, wäre zeitlich schlicht unmöglich. Ansonsten ist alles regulär – und ich bin sehr froh darüber, im Studium sehr selbstständig sein zu können.

Wo kann sich die Universität Luzern bezüglich Barrierefreiheit noch verbessern? Persönlich würde ich etwas mehr Hilfestellung bezüglich des Schreibens von Seminararbeiten bzw. eben der Literatursuche in Form einer Übersicht wünschen. Wenn ausserdem die Podcasts nicht nur abruf- sondern auch herunterladbar wären, würde das mein Studi-Leben wesentlich erleichtern. Ich mache die Aufnahmen momentan selber, die Qualität ist aber längst nicht immer gleich gut.

Was würdest du anderen Studierenden mit einer Beeinträchtigung oder einer chronischen Krankheit mit auf den Weg geben? Was würdest du anders machen? Etwas vom Wichtigsten finde ich es, einen guten Kontakt zu den Studienleitenden und der Studienberatung zu suchen, damit man bei Problemen oder Anliegen eine Anlaufstelle hat. Die Dozierenden sind oft beschäftigt oder nicht immer gleich viel anwesend, und es ist keine gute Idee, direkt mit allem zu ihnen zu gehen. Zwei weitere Tipps: Wenn euch etwas zusagt und ihr euch wohlfühlt – wie ich mich mit einer bestimmten Studienart – habt die Nerven und Geduld, euch durchzusetzen. Und: Seid up to date darüber, wo ihr euch Hilfe holen könnt.

Update Stand Mai 2021:  Bernarda Brunovic befindet sich mittlerweile im Master ihres Theologie-Fernstudiums und hat den Abschluss im Blick. Nebenberuflich macht sie immer noch leidenschaftlich Musik, hat letztes Jahr einen Song für den Eurovision Song Contest geschrieben und dieses Jahr eine Single veröffentlich.