Johanna Schnute (28) studiert im Masterstudiengang «Religion – Wirtschaft – Politik» und hat zwei Semester am University College Dublin (UCD) in Irland verbracht. Dort spielte sie Rugby, hat sich ehrenamtlich engagiert und fand heraus, was sie nach dem Master machen will.

Johanna Schnute auf der Halbinsel Howth im Norden von Dublin. Der «Cliff Walk», ein Rundgang entlang der Küste, bietet einen wunderbaren Ausblick auf das Meer und den Leuchttum, das «Bailey's Lighthouse».

Johanna Schnute, was hat Sie an der Gast-Uni am meisten überrascht?

Johanna Schnute: Das Verhältnis zwischen Dozierenden und Studierenden ist ganz anders als in Luzern. In Irland sprechen sich alle mit Vornamen an, was im ersten Moment sehr befremdlich für mich war. Anderes als in der Schweiz dauern die Vorlesungen nur 50 Minuten, und wenn die Dozierenden überziehen, beenden die Studierenden die Stunde. Die Studierenden sind sehr aktiv, was Sozialleben, studentische Gruppen, Vereinigungen und Rechte angeht.

Welche Lehrveranstaltung hinterliess einen bleibenden Eindruck?

Am besten gefallen haben mir die Irisch-Kurse. Die Sprache ist komplett anders als alle anderen Sprachen, die ich zuvor gelernt hatte: Schwierig und verwirrend, aber zugleich auch sehr faszinierend.

Was würden Sie am liebsten an die Universität Luzern importieren?

Die UCD hat eine hilfreiche und praktische Uni-App mit allen wichtigen Informationen. Man findet darin seinen Stundenplan, Anlaufstellen für Unterstützung, einen Lageplan und das Vorlesungsverzeichnis. Ausserdem finde ich die Ermässigungen für Studierende gut: Die UCD hat einen Uni-Shop, wo man kostengünstig Sandwiches, Tee, Kaffee, Wraps, Getränke, Kekse und vieles mehr einkaufen kann. Die sogenannte «Leap Card» für Studierende war im öffentlichen Verkehr eine riesige Entlastung. Mit dieser bezahlt man pro Fahrt mit dem Bus, der Strassenbahn «Luas» oder den Nahverkehrszügen des «Dublin Area Rapid Transit», kurz DART, maximal 1,90 Euro, an Feiertagen und am Samstag manchmal gar nichts. Wenn ich zum Beispiel an den Preis eines GAs in der Schweiz denke, ist das ein riesiger Unterschied. Das Gesundheitssystem ist individuell, teuer und nicht obligatorisch. An der Uni gibt es jedoch einen kostengünstigen Gesundheitsdienst für internationale Studierende, was eine grosse Entlastung darstellt.

Die vielen «Sports-Clubs» sind gut geeignet, um Leute kennenzulernen. Ich zum Beispiel habe angefangen, Rugby zu spielen.
Johanna Schnute

Wo haben Sie Ihre erste Freundschaft geschlossen?

Ganz klischeehaft bei der Einführungsveranstaltung. Die meisten Freundschaften habe ich beim Sport geschlossen. Die vielen «Sports-Clubs» sind gut geeignet, um Leute kennenzulernen. Ich zum Beispiel habe angefangen, Rugby zu spielen. Ich wollte mal etwas raus aus der Komfortzone und rein in den sehr intensiven Kontaktsport, der in Kombination mit dem eher wechselhaft regnerischen Wetter in Irland absolut grossartig ist.

Welches war Ihr prägendstes Erlebnis abseits des Uni-Alltags?

Nachdem sich die Suche nach einem Nebenjob schwieriger gestaltete als gedacht, habe ich beschlossen, mich ehrenamtlich zu engagieren. Zwei Monate nach Semesterbeginn haben sich verschiedene Organisationen an der Uni vorgestellt, die Gelegenheit für eine solche Tätigkeit boten. Ehrenamtliche Arbeit hat in Irland einen hohen Stellenwert, und viele Menschen engagieren sich in dem Bereich. Ich habe mich dann für die Arbeit in einem «Charity Shop», also einem Wohltätigkeitsladen, entschieden. Dieser ist Teil einer Organisation, die sich für Inklusion einsetzt und Unterstützungsangebote für Menschen mit besonderen Bedürfnissen anbietet. Dort im Laden mit den anderen Ehrenamtlichen zu arbeiten und das Gefühl, Teil einer Gruppe zu sein, war eine wunderbare Erfahrung.

Gab es kulturelle Unterschiede, die Ihnen aufgefallen sind?

Busfahren in Irland ist schon ein Abenteuer: Die Strassen sind eng, die Busse fahren meistens nicht nach Fahrplan und es gibt kein Rückgeld bei unpassenden Münzen. Auch das Hochsteigen der Treppen in den Doppeldeckern bei irischem Tempo kann eine Herausforderung darstellen. Wartet man an der Haltestelle auf einen Bus, hält dieser nur, wenn man zum Zeichen die Hand ausstreckt.

Auf einer Wanderung im Glendalough, dem «Tal der zwei Seen», in den Wicklow Mountains

Auf welche Erkenntnis sind Sie besonders stolz?

Dass ich endlich etwas gefunden habe, was ich nach dem Master machen möchte. Die UCD lädt regelmässig Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ein und veranstaltet Orientierungsmessen. Ich habe mich nach dem Gespräch mit der Vertreterin der EU-Kommission entschlossen, ein Traineeship bei der EU-Kommission oder dem EU-Parlament zu absolvieren. Ich war ausserdem sehr überrascht, dass ich mit meinem Englisch so weit gekommen bin. Aufgrund meiner Erfahrungen in der Schule hatte ich kein gutes Verhältnis zur englischen Sprache. Aber mit dem täglichen Gebrauch, den ersten guten Noten und den positiven Feedbacks habe ich die Angst, Englisch zu sprechen, verloren. Schliesslich lernt man aus Fehlern.

Was raten Sie Studierenden, die ihren Auslandaufenthalt noch vor sich haben?

Ich würde empfehlen, einen finanziellen Puffer für das Auslandssemester anzulegen. Dies ist mein zweiter Auslandsaufenthalt, und ich habe festgestellt, dass eigentlich immer etwas Unerwartetes auftaucht, was man vorher nicht bedacht oder miteingerechnet hat. Ausserdem würde ich allen Studierenden empfehlen, bewusst auf Einheimische zuzugehen. Gute Möglichkeiten dazu bieten etwa Sportgruppen, ehrenamtliche Tätigkeiten, Nebenjobs, die Kirche, Spielegruppen oder andere studentische Vereinigungen. Ein Auslandsemester lohnt sich auf jeden Fall, und ich kann sagen, dass es  eine der besten Erfahrungen ist, die ich bisher machen konnte.

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Stipendien für Mobilitätsaufenthalte

Im Rahmen der Programme «SEMP (Erasmus+)» und «Partnership» stehen Luzerner Studiereden zahlreiche Universitäten im inner- und aussereuropäischen Ausland zur Auswahl. Für Mobilitätsaufenthalte im Ausland, sowohl im Rahmen eines oder mehrerer Semester an einer ausländischen Universität als auch im Rahmen eines Praktikums, können beim International Relations Office Stipendiengelder beantragt werden. Die Zuschüsse stellen einen Beitrag zur Deckung der mobilitätsbedingten Zusatzkosten, die Studierenden durch ihren Auslandaufenthalt entstehen, dar. Die Förderung ist auch bei einem Auslandaufenthalt in Ländern möglich, die nicht mit dem «SEMP (Erasmus+)»-Programm assoziiert sind, vorausgesetzt, es besteht ein entsprechender Zusatzvertrag. Dies ist bei den meisten Partnerinstitutionen im Bereich Studierendenmobilität der Fall.

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