Priester-Symposium zu Zölibat und Charisma im Jahr 2022

Prof. Dr. Robert Vorholt, Dekan der Theologischen Fakultät (TF) der Universität Luzern wurde vom 17.-19. Februar 2022 zu einem internationalen Symposium über das Priestersein durch die vatikanische Kongregation für die Bischöfe eingeladen. Zu den Themen, über die gesprochen wurden, zählen auch Zölibat, Charisma und Spiritualität.

Nach seiner Rückkehr sprach Robert Vorholt mit uns über seine Teilnahme, seine Eindrücke und seine Einschätzung zum Thema Zölibat.

Prof. Dr. Robert Vorholt (RV), Sie wurden zu einem internationalen Symposium über das Priestersein in den Vatikan eingeladen. Wie kam es dazu?
RV: Gute Frage! Ehrlicherweise weiss ich es nicht. Eines schönen Tages trottete ich frühmorgens mit meinem Hund durch die Felder, als plötzlich das Telefon klingelte. Am anderen Ende der Leitung war mein Heimatbischof, der mich darüber informierte, dass eine Anfrage des Vatikans vorläge, ob ich an dem Simposio sul Sacerdozio mit einem neutestamentlichen Beitrag zur frühchristlichen Ämtertheologie teilnehmen könne. Das war für mich natürlich eine Ehre und eine Herausforderung zugleich. Ich habe gerne zugesagt!

Vor Ort durften Sie einen Vortrag halten. Über was haben Sie gesprochen?
RV: Mein Beitrag reflektierte eingangs die «Biblischen Grundlagen der Beziehung zwischen dem Priestertum aller Getauften und dem Apostolischen Amt». Es ging um die Frage, was eigentlich in der Perspektive der Bibel die grundlegende Berufung aller Glaubenden ist, zu welchem Dienst für die Menschen sie sich von Gott her beauftragt wissen dürfen. Außerdem ging es um die Bejahung der Frage, ob sich im Spiegel des Neuen Testaments bereits Formen eines besonderen Dienstes innerhalb der Kirche des Anfangs für die Glaubenden erkennen lassen, mit welchem Profil und mit welchem Stellenwert.

Konnten Sie auch mitdiskutieren, als es um die Thematik des Zölibats ging?
RV: Alle Teilnehmenden hatten durchweg die Gelegenheit, im Anschluss an die verschiedenen Beiträge durch klare Fragestellungen Einfluss auf den Verlauf der Diskussion zu nehmen.

Wie kam es zum Entschluss, dass am Zölibat festgehalten werden soll? Welches Zeichen setzt der Vatikan bzw. die Katholische Kirche Ihrer Meinung nach damit bzw. wird damit verfolgt?
RV: Es ging bei diesem Symposium nicht darum, Entschlüsse zu fassen, aber es gab starke Plädoyers, die meiner Wahrnehmung nach allesamt von grosser Nachdenklichkeit und von einem Ringen um tragfähige und zukunftstaugliche Modelle geprägt waren. Die zölibatäre Lebensform katholischer Priester war dabei nicht das einzige Thema, aber doch ein wichtiger Aspekt der Reflexion. Es gab keine Maulkörbe und auch keine Scheuklappen. Schwierigkeiten und Krisenphänomene wurden klar benannt. Umgekehrt ging es nicht einfach um das fortwährende und immergleiche Nachbeten viel zu einfacher Lösungsansätze. Es war vielmehr die Stunde theologischer Standortbestimmung. Allein das ist, finde ich, jeder Rede wert!  

Hat der Entscheid am Zölibat festzuhalten einen Einfluss auf die TF?
RV: Es gab keinen Beschluss oder ähnliches, aber es gab eine deutliche Wertschätzung der zölibatären Lebensform in der Kirche. Papst Franziskus hat in seinem Eröffnungsstatement in sehr eindrucksvoller Weise Voraussetzungen reflektiert, unter denen zölibatäres Leben gelingen und im wahrsten Sinne des Wortes glücken kann. Natürlich gehört dazu eine vitale Spiritualität und eine gesunde Kirchlichkeit, aber auch ein echtes Vertrautsein mit den Wirklichkeiten gelebten Lebens und vor allem ein Eingebundensein in tragfähige zwischenmenschliche Beziehungen. Das ist ein gut justierter Kompass. Die TF kann helfen, die Werte, die sich damit verbinden, theologisch zu begründen und je neu zum Leuchten zu bringen.

Wie sehen Sie die Zukunft des Priesterseins nach diesem Entscheid?
RV: Die Zukunft des Priesterseins hängt meiner Auffassung nach seit eh und je von der Frage ab, wieviel Raum einer dem Wirken des Geistes Gottes überlässt. Wo der Geist durch Frust oder Selbstherrlichkeit oder vielleicht auch durch Überlastung erstickt wird, haben wir nur noch Funktionäre im Priesterkragen, aber keine überzeugten und überzeugenden Persönlichkeiten, die sich mit Esprit und Elan für die Sache Jesu einspannen lassen. Wo umgekehrt ein Priester aus der Freude des Evangeliums heraus lebt, wird das zwar nicht gleich einen rundum sorgenfreien Job garantieren, aber doch genug Ausstrahlungskraft entfachen, um Menschen spüren zu lassen, dass Leben viel mehr ist als blosses vor sich hin existieren.

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