«ERC Grant» für Studie zu Antiterrormassnahmen
Ahmed Ajil hat vom European Research Council (ERC) einen Starting Grant in der Höhe von 1,5 Millionen Euro erhalten. Sein auf fünf Jahre angelegtes Projekt will zentrale Forschungslücken im Bereich der Terrorismusbekämpfung schliessen.
Dr. Ahmed Ajil weist darauf hin, dass Antiterrormassnahmen bislang vor allem aus sicherheitspolitischer Perspektive untersucht werden. Mit seinem Projekt «Terrorism, Race and Embodied Security» (TRACES) nun verfolgt der promovierte Kriminologe das Ziel, zu analysieren, wie Terrorismusbekämpfung in der Praxis umgesetzt wird – und welche Auswirkungen dies auf die unmittelbar und indirekt betroffenen Personen und Gruppen hat.
Mitteleuropa im Blick
Für die Studie werden Daten aus der Schweiz, Deutschland und Belgien gesammelt und ausgewertet. Diese drei Länder verfügen über Antiterror-Massnahmen, die mit denjenigen anderer europäischer Staaten vergleichbar sind, zugleich aber wichtige Unterschiede aufweisen: Auf Deutschland bezogen, wo die Behörden sowohl gegen rechtsextreme Gruppen als auch gegen die PKK vorgehen, möchte Ahmed Ajil die Hypothese prüfen, wonach Antiterrormassnahmen überproportional Menschen treffen, die als Musliminnen und Muslime wahrgenommen werden. Belgien, das nach den Anschlägen von 2016 oft als Experimentierfeld für Terrorismusbekämpfung betrachtet wird, bietet ein weiteres aufschlussreiches Fallbeispiel. Und die Schweiz, wenn auch bislang von grösseren Anschlägen verschont, hat ebenfalls weitreichende Massnahmen eingeführt – etwa präventiv-polizeiliche Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung, die bis zu Hausarrest reichen, ohne dass die Person einer Straftat verdächtigt wird.
Im Einklang mit poststrukturalistischen Ansätzen versteht Ahmed Ajil Antiterrormassnahmen als eigenständiges soziales Phänomen, das von staatlicher Macht, Ideologie und von politischen Prioritäten geprägt ist. Mithilfe dokumentarischer Analysen und ethnografischer Methoden untersucht er im Rahmen von TRACES nicht nur, wie Gesetze und Praktiken angewendet werden, sondern auch, wie sie sich auf Körper, Emotionen und den Alltag der direkt oder indirekt Betroffenen auswirken. «Ich hoffe, dass meine Forschung zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Antiterror-Gesetzgebung und -Politik beiträgt», erklärt Ajil. «Dies, indem sie empirisch fundierte Einblicke in die konkreten Praktiken liefert, die im Namen des ‹Kampfs gegen den Terror› zur Anwendung gelangen.»
Fokus auf Anwendung des Rechts
Das voraussichtlich im Juli 2026 startende Projekt soll Forschungslücken schliessen: So taten sich bisherige Studien oft schwer damit, zu zeigen, wie Gesetze und die Politik in der Praxis wirken – und welche Machtverhältnisse sie fortschreiben oder welche Auswirkungen sie auf das Alltagsleben haben. Die Verknüpfung rechtssoziologischer, kriminologischer und ethnografischer Ansätze schafft eine solide empirische Grundlage, um «Law in Action» zu untersuchen und Sicherheitspraktiken aus der Perspektive der Betroffenen zu analysieren. Ajil: «Es geht mir darum, Erkenntnisse zu gewinnen, die nicht nur die wissenschaftliche Debatte voranbringen, sondern auch zu gerechteren und nachhaltigeren Antiterrormassnahmen in Europa und darüber hinaus beitragen.»
Sein Projekt wird an der Fakultät für Verhaltenswissenschaften und Psychologie angesiedelt sein. «An der noch jungen und dynamischen Fakultät finde ich das ideale Umfeld, um diese anspruchsvolle Studie durchzuführen.» Die dortigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, so Ajil, seien erfahren im Umgang mit hochsensiblen Themen und Personengruppen. «Zudem stärkt die Anbindung an diese Fakultät mein interdisziplinäres akademisches Profil.» Ebenfalls besteht ein Konnex zum Zug Institute for Blockchain Research (ZIBR), einem der sechs Institute der Universität Luzern mit externer Trägerschaft, das sich derzeit noch im Aufbau befindet. Momentan ist Ahmed Ajil als Postdoc-Forscher in einem Nationalfonds-Projekt am Religionswissenschaftlichen Seminar tätig, in dem die Veränderung von individueller und gruppenbezogener Religiosität von Flüchtlingen ländervergleichend untersucht wird (frühere Newsmeldung).
Zweite Zusprache für Luzern
ERC Starting Grants richten sich an herausragende Nachwuchsforschende, die eine vielversprechende wissenschaftliche Laufbahn und ein exzellentes Forschungsvorhaben vorweisen können. Es handelt sich um den zweiten bis jetzt an der Universität Luzern eingeworbenen ERC-Grant – so war es der damaligen Lehr- und Forschungsbeauftragten und heutigen ordentlichen Professorin Mira Burri im Jahr 2020 gelungen, für ihre rechtswissenschaftliche Forschung einen «ERC Consolidator Grant», der sich an Forschende auf einer höheren Erfahrungsstufe richtet, einzuwerben. Unterstützt werden Forschende bei der Antragstellung an das European Research Council und andere Förderinstitutionen durch das Grants Office.

