Geschichte und Entwicklung der Gnadenlehre und Manualistik

Um die Gnade ist es stiller geworden in der neueren theologischen Diskussion: Zu problematisch, zu sperrig erscheint dieser Begriff oft – vermeintlich ein Relikt aus vergangener Zeit, für das sich im Selbstverständnis des postmodernen Menschen keine Anknüpfungspunkte mehr auffinden lassen. Und doch ist „Gnade“ einer der Zentralbegriffe des Christentums; nicht umsonst waren es gnadentheologische Schauplätze, auf denen sich einige der wichtigsten theologischen Debatten des 20. Jahrhunderts abgespielt haben, und dass die Komplexität und Technizität der charitologischen Diskurse zur Vernachlässigung mancher der einschlägigen Themenaspekte in der jüngeren Theologie geführt haben, war nicht nur ein Gewinn. So vermag die theologiehistorische Arbeit am Themenfeld der Gnadentheologie nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Erhellung bedeutender Diskurszusammenhänge der Theologie des 20. Jahrhunderts und damit zur genetischen Einordnung der gegenwärtigen Theologie zu leisten, sondern auch Impulse für eine aktuelle Deutung der Gnade – also: der Zuwendung Gottes zum Menschen und der daraus resultierenden Beziehungsgeschichte. Ein Teil der entsprechenden Forschungsarbeit galt auch der Frage nach Gestalt und Entwicklung der theologischen Handbuchliteratur und damit einer in der methodischen Selbstreflexion der Theologie wenig beachteten, angesichts der Tragweite ihres Rezeptionseinflusses aber nicht zu vernachlässigenden Literaturgattung.

Veröffentlichungen zum Thema:

Schumacher, Ursula: Zwischen donum supernaturale und Selbstmitteilung Gottes. Die Entwicklung des systematischen Gnadentraktats im 20. Jahrhundert (Studien zur systematischen Theologie, Ethik und Philosophie 1), Münster 2014.

Schumacher, Ursula: „Erkennet das höchste Gut des Christentums, das göttliche Leben“. Gnade, Gnadentheologie und Gnadenfrömmigkeit im Denken Pius Parschs, in: Redtenbacher, Andreas & Seper, Daniel (Hrsg.), Die Liturgietheologie von Pius Parsch. Klosterneuburger Symposion 2021 (Pius-Parsch-Studien 18), Freiburg i. Br. / Basel / Wien 2022, 36–75.

Schumacher, Ursula: Die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ im Licht neuscholastischer Gnadentheologie. Theologiegeschichtliche Überlegungen in ökumenischer Absicht, in: Oberdorfer, Bernd & Söding, Thomas (Hrsg.), Wachsende Zustimmung und offene Fragen. Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre im Licht ihrer Wirkung (Quaestiones Disputatae 302), Freiburg i. Br. u.a. 2019, 320–342.