Visiting Researchers at the ISE
The Institute of Social Ethics ISE maintains ongoing partnerships with researchers and research institutes worldwide. Through exchanges with international scientists, the ISE contributes to the development of a global research network in the field of ethics.
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Ab dem 26. Mai 2025 verbringt Prof. Dr. Silvia Salardi von der Universität Mailand-Bicocca einen einmonatigen akademischen Forschungsaufenthalt am Institut für Sozialethik ISE der Universität Luzern. Silvia Salardi ist ausserordentliche Professorin für Rechtsphilosophie und Bioethik an der Universität Mailand-Bicocca und Gründungsmitglied des Research HUB SHADE am King’s College London. Nach der Promotion in Rechtsphilosophie verbrachte sie einen dreijährigen Postdoc-Aufenthalt an der ETH Zürich am Lehrstuhl für Umweltökonomie und -politik, wo sie an einem Projekt mit dem Titel «Nachhaltigkeit und Recht» arbeitete. Sie ist wissenschaftliche Koordinatorin des «Erasmus+» -Modulprojekts zum Thema «Emerging 'moral‘ technologies and the ethical-legal challenges of new subjectivities» und wissenschaftliche Koordinatorin des «Erasmus+»-Projekts (KA107) für die Mobilität nach und von Brasilien.
Ihre Forschungsinteressen reichen von der analytischen Rechtsphilosophie (Analyse von Rechtsbegriffen, Analyse der Rechtssprache, Diskriminierung) bis hin zu bioethischen und biojuristischen Fragen (Genetik, Lebensende, Experimente mit Menschen, Datenschutz, Human Enhancement ). Silvia Salardi wird sich in Luzern mit ihrer Forschungsarbeit zu neuen Technologien, Nachhaltigkeit und Menschenrechten befassen.
Am Institut für Sozialethik ISE sind Forschende aus verschiedenen Disziplinen in engem Austausch, was die Entwicklung umfassender und vielschichtiger Perspektiven auf einige der drängendsten ethischen Fragen unserer Zeit, insbesondere im Bereich der Digitalisierung und der künstlichen Intelligenz, ermöglicht.
Zum Profil von Prof. Dr. Silvia Salardi (Universität Mailand-Bicocca)
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Newsmeldung vom 26. Mai 2025
Universitätsprofessor Thomas Gremsl aus Graz hat dank seiner Auszeichnung mit dem «Visiting Award for High Potentials» der Universität Graz einen mehrwöchigen Gastforschungsaufenthalt am Institut für Sozialethik ISE der Universität Luzern verbracht. Anlässlich des Ethik der Menschenrechte-Symposiums LES hielt er einen Vortragzu seinem Forschungsschwerpunkt «Digitale Transformation und Demokratie».
Prof. Dr. Thomas Gremsl, wie haben Sie Ihren Forschungsaufenthalt an der Universität Luzern erlebt?
Auf vielfältige Weise. Er war für mich sehr produktiv, und ich habe das inspirierende und intellektuelle Umfeld am ISE und an der Theologischen Fakultät der Universität Luzern als äusserst bereichernd empfunden und wirklich genossen – danke für die Gastfreundschaft! Auch habe ich mich am ISE und auch an der gesamten Fakultät sofort besonders gut aufgenommen gefühlt – dafür gebührt ein grosses Dankeschön an alle Einzelnen, die ich in dieser Zeit treffen und mit denen ich mich austauschen durfte. Ich konnte die Dinge, die ich vorhatte zu bearbeiten, gut umsetzen und habe vor allem vom gemeinsamen Austausch mit den verschiedenen Kolleg:innen und nicht zuletzt von Gesprächen mit Peter G. Kirchschläger profitiert. Besonders hervorzuheben ist natürlich auch das besondere Flair von Luzern direkt am See mit seiner charmanten Altstadt und der lebendigen Neustadt.
Anlässlich des «International Lucerne Ethics of Human Rights-Symposium LES» haben Sie zu Ihrem Forschungsthema «Digitale Transformation und Demokratie» gesprochen. Was hat Sie anfänglich dazu bewogen, sich mit dem Thema zu beschäftigen?
Ich bin der Meinung, dass die Digitalisierung und die damit verbundene digitale Transformation unsere (demokratischen) Gesellschaften – bei gleichzeitiger Betonung der vielen Vorteile – vor grosse Herausforderungen stellt. Erschwerend zur Tatsache, dass sich diese Transformation unausweichlich und ungeheuer schnell vollzieht, kommt auch das Faktum, dass heute eigentlich jede:r Einzelne:r in irgendeiner Form von dieser Transformation betroffen ist. Ein umfassendes Problembewusstsein für damit einhergehende Risiken scheint in der breiten Bevölkerung noch nicht in notwendiger Weise ausgeprägt zu sein. Gleichzeitig hinken wir mit unseren Regulierungen und anderen Massnahmen teilweise weit hinterher. Es geht mir in meiner Forschung vor allem darum, Beiträge für eine sozialverträgliche und menschenwürdige Gestaltung dieser Transformation zu leisten.
Welche Gefahren ausgehend von künstlicher Intelligenz und Digitalisierung für Mensch und Gesellschaft finden aus Ihrer Sicht in der öffentlichen Diskussion zu wenig Beachtung?
Digitalisierung und KI wird von ihren Treibern, den grossen Tech-Konzernen, fast ausschliesslich positiv geframt. Dabei sehen wir bereits jetzt massive Auswirkungen der steigenden Bedeutung von KI-Systemen, wie etwa generativer KI. Dieser Einfluss ist oft subversiv und trotz seiner Offensichtlichkeit für viele nicht erkennbar. Man denke etwa an den sehr oft unreflektierten Einsatz generativer AI durch unterschiedlichste Anwendergruppen. Solche Systeme halluzinieren zunehmend, und es stellt sich die Frage, ob die Nutzer:innen die richtigen Kompetenzen für einen adäquaten Umgang mit diesen Technologien besitzen. Es geht nicht nur darum zu verstehen, wie man diese Tools einsetzen kann, sondern darum, im Sinne einer technologiereflexiven Medienkompetenz auch die weiteren Folgen dieses Einsatzes im Blick zu haben.
Sie sprechen von einem mehrstufigen Ansatz, der die Individuen ermächtigen soll. Können Sie ein Beispiel nennen, wie dieser umgesetzt werden könnte?
Wir leben in einer Gesellschaft, in der Freiheiten ein hohes Gut darstellen. In solchen Gesellschaften stehen uns auch Rechte zu, die diese Freiheiten garantieren sollen. Wir dürfen vor diesem Hintergrund aber auch nicht vergessen, dass mit Freiheit immer auch Verantwortung einhergeht. Eine relevante Frage ist damit auch, welchen Beitrag ich selbst leisten kann bzw. soll, um mit den verschiedenen Herausforderungen der digitalen Transformation adäquat umzugehen. Als Sozialethiker erachte ich hier einen holistischen Ansatz als nötig. Wir brauchen einerseits einen smarten rechtlichen Rahmen, der durch Regulierung vor gewissen negativen Implikationen schützt und gleichzeitig Innovationen ermöglicht. Auch die Unternehmen – also die Tech-Konzerne –, die diese Produkte konstruieren und auf den Markt bringen, tragen eine gewisse Verantwortung, die es in diesem Spannungsfeld nochmals spezifisch auszuloten gilt. Und letztlich tragen auch alle Einzelnen einen wichtigen Teil an Verantwortung. Die Frage ist vor allem auch, wie diese individuelle Verantwortungsübernahme gefördert werden kann. Wir brauchen sicherlich auch Strukturen, die sozusagen Bottom-up das Empowerment aller Einzelnen fördern. Das Zusammenspiel dieser verschiedenen Ebenen und der aktiven Übernahme von Verantwortung auf den jeweiligen Ebenen erscheint essenziell.
Was wünschen Sie sich für den öffentlichen Diskurs zu «KI» und digitaler Transformation?
Ich wünsche mir neben einem wirklich kritischen Diskurs über KI und damit verbundenen Implikationen vor allem zweierlei: Einerseits ist die Politik in meinen Augen massiv gefragt, diese Technologien – bei gleichzeitiger Förderung von Innovation – adäquat zu regulieren. Erlauben Sie mir einen Vergleich: Man denke etwa an das Auto. Würden Sie in ein Auto steigen, das nicht standardisierten, hohen Sicherheitskriterien entspricht? Ich denke nicht! Für KI haben wir aber aktuell keine wirklich gültigen Kriterien – hier müssen wir die Schrauben sicherlich noch nachziehen. Andererseits sehe ich auch Nutzer:innen in der Pflicht, Selbstverantwortung aktiv zu leben.
Prof. Dr. Thomas Gremsl ist Universitätsprofessor für Ethik und Gesellschaftslehre an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz, wo er ebenfalls als Vize- und Forschungsdekan tätig ist. Er ist Gründungsvorsitzender der Ethikkommission der Technischen Universität Graz und Habilitand an der Lucerne Graduate School in Ethics LGSE am Institut für Sozialethik ISE der Universität Luzern.
Seine Forschungsschwerpunkte umfassen vor allem Grundlagen der (Christlichen) Sozialethik, (v.a. Künstliche Intelligenz; sozio-technische Systeme), Medienethik sowie Sportethik (insbesondere Fussball).
Beim «Visiting Award for High Potentials» handelt es sich um einen Förderpreis der Universität Graz, der einen Gastaufenthalt an einer ausländischen wissenschaftlichen Institution ermöglicht. Prof. Dr. Thomas Gremsl war von Mitte August bis Ende September 2024 zu Gast am Institut für Sozialethik ISE der Universität Luzern.
Das «International Lucerne Ethics of Human Rights-Symposium LES» des Instituts für Sozialethik ISE fand vom 11. – 12. November 2024 an der Universität Luzern statt.
Tagungsbericht LES 2024
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