Bericht zur Tagung "Geschichte, Geld und Geist. Welche Zukunft für die Klöster?"

Am 25.08.2023 veranstalteten der Lehrstuhl für Kirchengeschichte und die Inländische Mission eine zweite Tagung, die sich mit der Zukunft leerstehender Klostergebäude beschäftigte. Dabei standen die Aspekte "Architektur", "Finanzen" und "Transformationsprozesse" besonders im Fokus.

Den Wert der Klöster schätzen und doch loslassen können

Fotos: Vera Rüttimann

Gut 100 Personen fanden am 25. August an der Universität Luzern zusammen um sich der Frage «Welche Zukunft für die Klöster?» zu stellen. An Herausforderungen mangelt es nicht und vielen Klöstern und Gemeinschaften stellen sich dieselben Fragen. Dabei wurde deutlich: Einschneidende Veränderungen in die Klosterlandschaft sind nicht neu.

Orden und Gemeinschaften haben im Lauf der Zeit mehrfach grosse Veränderungen erlebt: Enormes Wachstum, staatlich angeordnete Aufhebungen, Expansion nach Übersee und heute Konzentration auf immer weniger Standorte. Als «Selbstauflösung» bezeichnet Markus Ries, Professor für Kirchengeschichte in Luzern, die aktuellen Ereignisse im historischen Vergleich. Während die Ordensangehörigen ihren angestammten Lebensmittelpunkt verlassen könnten, blieben die Klostermauern bestehen. Die Umnutzungen sind vielfältig, aber oft durch Auflagen wie Denkmalschutz, Bauzonenordnung oder kirchliche Reglemente eingeschränkt.

Klöster «am Tropf»

«Wir können nicht jedes Kloster auf Dauer künstlich am Leben erhalten», sagt Urban Fink, Geschäftsführer der Inländischen Mission. Damit machte er deutlich, dass die Kirche und die Gesellschaft das Klostersterben geschehen lassen müsse. Er befürwortet religiöse Neunutzungen in aufgegebenen Klosterbauten, wies aber darauf hin, dass dies immer auch mit einem finanziellen Risiko verbunden sei, was auch finanzielle Mittel und nicht nur Idealismus voraussetze. Zudem plädierte der Historiker und Theologe dafür, dass eine Umnutzung eines Klosters dort Sinn ergebe, wo sich die neue Ausrichtung an klösterlichen Werten orientiere.

An der von der Professur für Kirchengeschichte der Universität Luzern und der Inländischen Mission organisierten Tagung nahmen zahlreiche Mitglieder von Ordensgemeinschaften teil. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die Diskussion um die Zukunft der Klöster nicht auf den oft konstatierten Rückgang der Mitglieder in den Gemeinschaften und deren Überalterung reduziert werden darf. Hier gehe es nicht allein um Zahlen, sondern um Wertschätzung gegenüber den noch lebenden Ordensangehörigen, die enorme Veränderungen erlebt und ein Altern in Würde verdient hätten.

Transformation – neues Wort für bekannte Aufgaben

Überhaupt zeigte sich, dass die Ordensleute die vor ihnen stehenden Anforderungen wortwörtlich mit Gottvertrauen angehen. «Herausforderungen sind für uns nicht neu. Seit es unsere Gemeinschaft gibt, ist sie im Wandel», stellt Sr. Marie-Ruth Ziegler, Ökonomin im Kloster Baldegg (Kanton Luzern) fest. Und auch der Kapuziner Niklaus Kuster, der im Offenen Kloster Rapperswil tätig ist, stellte fest, dass diese Veränderungen die Ordensleute regelrecht dazu auffordere, sich nach aussen zu wenden, sich auf neue Formen der Spiritualität und des gemeinschaftlichen Zusammenlebens einzulassen.

Doch nur in wenigen Fällen bieten solche Neuausrichtungen auch Lösungen für bestehende, teils jahrhundertealte, immer aber ortsprägende Klosterbauten. Damit wachse die Gefahr, dass Klöster als Kulturgüter nicht mehr in ihrer ursprünglichen Funktion «gelesen» werden könnten, wie die Theologin Regula Grünenfelder feststellte. Sie entwickelte in Anlehnung an aufgelassene oder umgenutzte Industrieareale den Begriff der Klosterbrache. Hier plädierte die Referentin dafür, «die Türen der Klöster von innen zu öffnen», um bevorstehende Veränderungen nicht nur geschehen zu lassen, sondern mitgestalten zu können.

Klöster kommen gut an

Dass nicht nur die Bauten, sondern auch der Begriff Kloster durchaus eine Marke sein könne, zeigt sich bei bereits vor längerer Zeit umgenutzten Klöstern, die weiterhin unter diesem Namen in Erscheinung treten, wie beispielsweise das Seminar- und Bildungshaus Kloster Kappel (Kanton Zürich). Der Theologieprofessor Christian Cebulj wies denn auch darauf hin, dass das Pastoralinstitut der Theologischen Hochschule Chur ein Forschungsprojekt lanciert hat, um das Verhältnis zwischen Kirchen und Tourismus zu untersuchen. Den Orden, so Cebulj, komme auch hier aufgrund ihrer innovativen Angebote und Wandelbarkeit eine grosse Bedeutung zu.

Wie sich in den Referaten sowie in den Diskussionen schnell zeigte, sind die Herausforderungen für Orden und Gemeinschaften vergleichbar. Einheitslösungen gibt es allerdings nicht. Doch der gegenseitige Austausch und die Kontaktemöglichkeiten, die eine solche Tagung bietet, wurden rege genutzt. Oder, wie es eine Teilnehmerin ausdrückte: «Es muss nicht jede Gemeinschaft bei Null beginnen.» Dies zeigte sich auch darin, dass Vereine, Hochschulen und selbst Private ein Wissensmanagement zum Thema führen. Auch hier dürfte ein Näherrücken wertvolle Synergien schaffen.

Für die Veranstalter der Tagung steht indes fest, dass das Thema eine weitere Vertiefung verdient. Zudem sollen Referate aus den beiden Veranstaltungen 2022 und 2023 und weitere Überlegungen zum Thema in einer Publikation einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden.

Bericht: Martin Spilker, Inländische Mission

Ausgewählte Links zum Thema

Informationen zur Publikation erhalten Sie über die Inländische Mission

Theologische Hochschule Chur: Forschungsprojekt Religion - Kultur - Tourismus 

Verein Kloster-Leben (Referentin: Dr. Regula Grünenfelder)

Projekt Klostergeschichten (Referentin: Annina Sandmeier-Walt)