Business Challenges: Interview Leif Brandes
Die starke Vernetzung von Theorie und Praxis ist ein Markenzeichen des Wirtschaftsstudiums an der Universität Luzern. Professor Leif Brandes ist Initiator der WF Business Challenges, eine Lehrveranstaltungs-Reihe, in denen Praxisbezug und die Kooperation mit Unternehmen im Fokus stehen. Im Herbstsemester 2021 fand die «B. Braun Marketing Challenge» in Kooperation mit B. Braun Medical Schweiz statt. Im Interview erklärt Leif Brandes, was ihn an den Challenges besonders motiviert und welche konkreten Vorteile diese den Studierenden und Unternehmen bringen.
B. Braun ist ein weltweit tätiger Hersteller von medizintechnischen und pharmazeutischen Produkten und Dienstleistungen. Das in Sempach LU ansässige Tochterunternehmen gehört in diesem Bereich in der Schweiz zu den Marktführern. Am Hauptsitz der B. Braun Medical AG Schweiz fiel am 13. September 2021 mit dem Kick-Off-Meeting der Startschuss der Challenge. Die Studierenden erhielten einen ersten Eindruck vom Unternehmen und von seinen Bedürfnissen und Herausforderungen im Business.
Im weiteren Verlauf des Seminars wurden Gruppen gebildet, die eine spezifische Aufgabenstellung erhielten und damit begannen, eigene Strategien und Lösungsansätze auszuarbeiten. In den Zwischenpräsentationen am 19. Oktober erhielten die Verantwortlichen von B. Braun erste Eindrücke potentieller Lösungsansätze. Die Studierenden erhielten im Gegenzug erste Feedbacks sowie Richtungsvorgaben und konnten offene Fragen klären. Danach ging es an die Ausarbeitung der finalen Konzepte, welche die Gruppen dem Unternehmen in den Schlusspräsentationen vorstellten.
Nach intensiven Wochen der Ausarbeitung war es am 30. November soweit – die Studierenden sassen aufgeregt und gespannt neben den Verantwortlichen von B. Braun im Hörsaal. Nachdem alle vier Teams ihre Konzepte und Strategien präsentiert hatten, zog sich die «Jury» zur Beratung zurück. Nach einer ausführlichen Besprechung wurden die Gewinner/innen bekannt gegeben. Erstmals in einer Marketing Challenge gewannen zwei Gruppen den ersten Platz. Die Verantwortlichen von B. Braun betonten dabei, wie überraschend und wertvoll sie es fanden, dass die Gruppen dasselbe Problem aus sehr unterschiedlichen Perspektiven beleuchteten. Dem Unternehmen bietet sich dadurch die Möglichkeit, aus den verschiedenen Herangehensweisen der Studierenden, die geeignetsten und besten Lösungen umzusetzen.
Was motiviert Sie, beinahe jedes Semester Business Challenges zu organisieren?
Ich mache das eigentlich aus drei Gründen: 1. Möchte ich den Studierenden eine Möglichkeit geben, im Studium das Gelernte direkt anzuwenden und das Feedback der Unternehmensvertreter/innen zu erhalten. Dadurch sehen die Studierenden unmittelbar den Mehrwert, den unsere Ausbildung bietet. Nicht selten kommt es in den Challenges vor, dass die Studierenden den Unternehmen neue Modelle und Theorien vermitteln, die diese hochgradig relevant finden, selbst aber noch nicht kannten. 2. Geht es auch um die Wahrnehmung der Fakultät in der Praxis. Wir haben durch die Challenges bereits langfristige Kooperationen mit führenden Unternehmen aus der Region aufbauen können. Das kommt wiederum den Studierenden zugute, wenn sie sich nach dem Studienabschluss bei diesen Firmen bewerben. 3. Habe ich auch noch ein – zugegeben – eher egoistisches Motiv: durch den Kontakt mit den Firmen bekomme ich immer wieder spannende Ideen und Impulse für meine Forschung. Ausserdem verliere ich nicht den Kontakt zu den Fragen, die die Unternehmen wirklich umtreiben. Das kann ich dann wiederum in andere Lehrveranstaltungen einfliessen lassen.
Gibt es bestimmte Kriterien, nach welchen Sie die Unternehmen aussuchen, die für eine Challenge in Frage kommen?
Grundsätzlich gibt es keine klaren Kriterien, die das Unternehmen erfüllen muss. Wenn ich das Gefühl habe, dass das Thema des Unternehmens spannend ist und die Unternehmensvertreter/innen hochgradig motiviert sind, dann ist das die Hauptsache. Wir hatten bisher sowohl kleinere Startups als auch grosse und etablierte Unternehmen in den Challenges als Partner.
Was fanden Sie an der B. Braun Challenge besonders erwähnenswert?
Jede Challenge ist irgendwo einzigartig – es sind ja auch immer ganz andere Themen, die vorgegeben werden. Was mich aber besonders gefreut hat, war, dass wir nach über einem Jahr mit rein digitaler Lehre die Challenge wieder vor Ort durchführen konnten. Vor allem die Kick-off Veranstaltung bei B. Braun in Sempach war ein Highlight: die Atmosphäre war fantastisch und B. Braun war ein super Gastgeber. Rein vom Ergebnis gab es aber tatsächlich noch etwas Spezielles: zum ersten Mal hatten wir zwei Siegerteams bei einer Challenge. Das zeigt, wie hoch die Qualität der Präsentationen war.
Welchen Anspruch haben Sie an sich selbst, um den Studierenden eine lehrreiche Veranstaltung zu ermöglichen?
Ich möchte Themen anbieten, bei denen ich weiss, dass die Studierenden über das notwendige theoretische und analytische Rüstzeug verfügen, um spannende Lösungen für das Unternehmen zu erarbeiten. In diesem Jahr hatten wir zum ersten Mal pro Team eine/n eigene/n Mentor/in. Dadurch haben die Studierenden mehr Feedback zu ihren Ideen erhalten und konnten so mehr aus dem Seminar mitnehmen. Ausserdem gab es zwei Präsentationsrunden, in denen die Studierenden jeweils Feedback von den Unternehmensvertreter/innen und mir erhielten. Ich kann auch ehrlich sagen, dass bisher bei jedem Team in den Challenges im Laufe des Semesters die Qualität der präsentierten Lösungen deutlich gestiegen ist. Das zeigt, dass sie sich das Feedback jeweils zu Herzen nehmen. Am Ende geht es ja neben dem Spass an dem Format ja vor allem darum, dass die Studierenden aus dieser Erfahrung etwas für ihre Zukunft mitnehmen.
Welche Erwartung haben Sie an Studierende, welche an einer Business Challenge teilnehmen?
Die Studierenden müssen zwei Dinge mitbringen: 1. Das Interesse an der Fragestellung und der Firma. 2. Die Bereitschaft, als Team das bestmögliche Ergebnis für das Unternehmen zu erreichen. Beide Punkte sind enorm wichtig, da die Qualität der Ergebnisse davon abhängt, wie viel Spass und Einsatz das Team einbringt und einen direkten Einfluss darauf hat, wie die Unternehmung die WF in Zukunft wahrnimmt. Eine Teilnahme an einer Challenge bringt somit auch immer eine gewisse Verantwortung für die eigene Fakultät mit sich.