Innovations­mana­ge­ment

Die Lehrveranstaltung von Dr. Bernhard Lingens zeichnet sich durch hohen Praxisbezug und den regen Austausch zwischen Dozierenden, Gastreferent/innen und Studierenden aus. Anhand theoretischer und praktischer Beispiele werden in der Veranstaltung die wichtigsten Grundlagen und Prozesse für erfolgreiche Innovation erlebbar gemacht.

Wir haben Bernhard Lingens gefragt, wie er und seine Gastdozent/innen den Bachelor-Studierenden Kompetenzen für erfolgreiche Innovationen vermitteln.


Auf welche Art bringen Sie den Studierenden erfolgreiches Innovationsmanagement näher?

Einerseits durch einen Theorieteil, in dem ich die Grundlagen vermittle. Ich fokussiere mich dabei aber nur auf die Theorie, die nach meinen Erfahrungen in der Praxis wirklich nötig ist. Es gibt nichts praktischeres als eine gute Theorie, aber sie darf nie zum Selbstzweck werden. Gleichzeitig verwende ich viele Beispiele aus meinen Beratungs- oder Forschungsprojekten in der Wirtschaft, um die Theorie zu erläutern. Andererseits hole ich immer einen oder mehrere Gastreferent/innen aus der Praxis, welche die konkrete Anwendung in der Realität aufzeigen.

Aus welchen Branchen kommen die Gastdozent/innen in Ihrer Vorlesung?

Aus allen Branchen, von Banking über Versicherung bis zu Maschinenbau oder Medien. Damit können die Studierenden auch ein Gefühl für verschiedene Branchen bekommen und sehen, was für ihre eigene Zukunft relevant sein könnte.

Ihre Vorlesung weist einen hohen Praxisbezug auf und bezieht die Studierenden interaktiv mit ein. Weshalb setzen Sie auf diese Unterrichtsform?

Ich kann mir keine andere Lehre vorstellen als eine, die klar auf den Praxisbezug achtet. Reines Theoriewissen ist irrelevant. Aber wir sind gleichzeitig auch eine Uni und haben damit das Privileg, an der Theorie zu forschen. Wie gesagt gibt es nichts hilfreicheres als eine gute Theorie, um Probleme in der Praxis zu strukturieren. Und als Uni haben wir die Möglichkeit, aktuelle Erkenntnisse von anderen Forschern wie auch aus eigener Forschung zu vermitteln. Aus beiden Argumenten heraus sind in meinen Augen der Bezug und die Synergie zwischen Theorie und Praxis entscheidend für die universitäre Lehre.

Welche Rückmeldungen erhalten Sie von den Studierenden?

Überwiegend sehr positive, was mich sehr freut. Ich sehe mich als Dienstleister – die Vorlesung dient einzig und allein den Studierenden daher muss sie bei diesen auch gut ankommen.

Impressionen aus dem Hörsaal

Innovativ zu sein oder sich zumindest als solches zu bezeichnen gehört heute quasi zum guten Ton. In welchen Punkten unterscheiden sich wirklich innovative Unternehmen von anderen?

Hier gibt es natürlich unendlich viele Punkte, die man nennen könnte und sicher kein universal gültiges Erfolgsrezept. Doch so pauschal wie es auch klingen mag: Neben Strukturen, Prozessen etc. sehe ich immer wieder zwei Aspekte: 1.) Top Management Support. 2.) Kultur. Zu ersten Punkt: Je grösser ein Innovationsschritt, desto unsicherer ist er meist und desto schwerer sind die Ergebnisse zu quantifizieren. Und damit wird es auch schwierig, das Vorhaben und seine erhofften Ergebnisse zu erklären. Hier kommt das Top Management dazu: Wenn dieses  grössere Innovationsvorhaben unterstützt und ebenfalls Anreize für Innovation setzt, dann ist dies einer der grössten Treiber und Enabler gleichzeitig.

Zum zweiten Punkt: Innovation beinhaltet per Definition etwas Neues und damit meist Änderung. Viele Menschen in Unternehmen möchten jedoch keine Änderungen, sondern lieber den Status quo erhalten. Deshalb kämpfen Innovationsmanager oft mehr mit den internen Kulturhürden des Nicht-Könnens und Nicht-Wollens als mit den Inhalten. Gleichzeitig sind die meisten Manager zwar fachlich stark, aber keine ausgebildeten Psychologen oder Change Manager. Das heisst: Im Idealfall müsste jedes grössere Innovationsprojekt auch ein parallel laufendes Change- und Kulturwandelprojekt umfassen. Leider wird dies in den meisten Firmen entweder ignoriert oder gar als Esoterik verschrien. Dabei handeln Menschen überwiegend basierend auf dem Unbewussten und Nicht-sachlichen und damit oft weitab von den harten Fakten.

Weshalb scheitert ein Grossteil der Innovationsprojekte?

Sicher wegen den zuvor genannten Gründen: Mangelnder Top Management Support und die unsichtbaren gläsernen Decken und Wände der Kultur.

Welche aktuell realisierten Innovationen finden Sie persönlich beeindruckend?

Aus genau den oben genannten Gründen finde ich die «ganz normalen» Innovationsprojekte faszinierend, bei denen etablierte Firmen scheinbar kleine Innovationsschritte machen und dies trotz ihrer bestehenden Personalstruktur, oftmals fehlendem Wissen und kulturellen Hürden. Natürlich mögen die vielzitierten Innovatoren wie Apple und Google oder diverse Start-ups technisch und sachlich faszinierende Innovationen schaffen. Aber die Komplexität eines auch nur leicht über die Normalität gehenden Innovationsprojekts in einer traditionellen Firma mit allen ihren kulturellen, personellen oder strukturellen Hürden ist auf einem komplett anderen Niveau. Und verdient daher grösste Bewunderung.

Würden Sie Innovation oder Innovativität nebst den damit verbundenen Prozessen und Knowhow als generelle Arbeits- oder gar Lebenseinstellung bezeichnen?

Ja. Aber wie gesagt: Wir dürfen nicht vergessen, dass der Mensch evolutionsbedingt dazu neigt, Funktionierendes beizubehalten. Und das ist auch gut so, denn es sorgt für Effizienz. Und auch ein Unternehmen soll nicht ständig innovieren sondern auch Geld verdienen – und das geht am besten mit dem Status quo, den man meisterhaft und effizient beherrscht. Die Kunst ist also nicht, dauernd zu innovieren. Die Kunst ist es, das Bestehende zu nutzen und gleichzeitig zu verstehen, wann es der Änderung bedarf. Und dann, wann immer sinnvoll und nötig, aus dem Modus der Umsetzung in den Modus der Innovation zu gehen. Dies ist die eigentliche Herausforderung.

Dr. Bernhard Lingens

Bernhard Lingens unterrichtet Innovationsmanagement an der Universität Luzern und leitet den Bereich Innovation am Institut für Marketing and Analytics. Lingens ist Gastprofessor an der Aalborg Business School und Research Affiliate am Institut für Technologiemanagement der Universität St. Gallen. Außerdem ist er als unabhängiger Berater für Innovationsmanagement und Ökosysteme sowie als Beiratsmitglied und Mentor mehrerer Start-ups tätig.