Alexander Gian-Carlo Baumann, Wissenschaftlicher Assistent, Doktorand und Lehrbeauftragter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Recht der nachhaltigen Wirtschaft und Rechtsphilosophie, auf Schifffahrt auf dem Vierwaldstädtersee. (Bild: Roberto Conciatori)

Ein Mathebuch? Haben wir das nicht hinter uns? Oh, und beinahe wäre es untergegangen: «iudex non calculat» – wir Juristinnen und Juristen haben’s ja nicht so mit Zahlen ... Wirklich? Vorurteile ahoi – Zeit, den alten Zopf abzuschneiden! Das Buch «Alles wird Zahl» von Thomas de Padova zeichnet die Entwicklung des modernen Mathematikwissens nach und beleuchtet den dafür so wichtigen Übergang vom Mittelalter zur Renaissance. Wer weiss beispielsweise, dass die Zahlen, mit denen wir tagtäglich hantieren (ja, wir tun es eben doch), uns erst vor wenigen Hundert Jahren erreicht haben? Oder die Zentral­perspektive! Ihre Entdeckung bestimmt bis heute, wie wir die Welt wahrnehmen. «Alles wird Zahl» erzählt uns all das anhand der Menschen, die hinter diesem Fortschritt stehen. Das Buch bietet einen erstaunlich direkten Blick auf das unermüdliche Schaffen von Grössen wie Regiomontanus, Leonardo da Vinci oder Albrecht Dürer.

Mut zur Veränderung

«Alles wird Zahl» wartet mit zwei lehrreichen Erkenntnissen auf. Die eine erscheint simpel, hat es aber in sich: Kaum etwas ist in Stein gemeisselt. Es ist, wie es ist, nur ist dieses Sein noch lange nicht die einzige Möglichkeit – es ist lediglich eine Möglichkeit. Wir können davon abweichen und die Dinge ändern. Beispielsweise die Art und Weise, wie wir rechnen (das läuft mittlerweile ziemlich rund). Oder wie wir mit Migration oder dem Klimawandel umgehen. Oder, liebe Rechtsgelehrte, wie wäre es mit der Art und Weise, wie wir unsere Gesellschaft organisieren?

Den eigenen Interessen folgen

Eine weitere sinnige Botschaft zieht sich als roter Faden durch das Buch: Was auch immer man tut, man tue es am besten von Herzen. Die genannten Protagonisten leisten Grosses, indem sie ihren Interessen folgen. Es ist eine tiefgreifende Freude an der Wissenschaft, dank dieser sie letztlich Wissen schaffen. Wer offen durchs Leben geht und Gegebenes hinterfragt, der gibt sich die Chance, zu erkennen, dass auch andere, allenfalls bessere Wege zum Ziel führen. Und egal, in welche Richtung dieser Weg zeigt, auf dem Herzensweg geht man stets richtig. Selten hat ein «Mathebuch» so viel Spass gemacht. Wirklich.

Thomas de Padova
Alles wird Zahl. Wie sich die Mathematik in der Renaissance neu erfand
Eichborn, Köln 2020
(dt. Erstausgabe)

Mehr Informationen zum Buch

Alexander Gian-Carlo Baumann

Wissenschaftlicher Assistent, Doktorand und Lehrbeauftragter am Lehrstuhl von Klaus Mathis, Professor für Öffentliches Recht, Recht der nachhaltigen Wirtschaft und Rechtsphilosophie
unilu.ch/alexander-baumann