Ethischer Brückenbau im Dienste des globalen Dialogs

Vom 10. - 15. Juni 2021 fand die dritte «Lucerne Summer University: Ethics in a Global Context LSUE» unter dem Patronat der UNSESCO statt. Bei der interdisziplinären Lehrveranstaltung, welche dieses Jahr digital stattfand, trafen sich Studierende aus 20 Ländern mit namhaften Experten und Persönlichkeiten, darunter der Künstler Ai Weiwei, der Bürgermeister von Palermo Leoluca Orlando und IKRK-Präsident Peter Maurer, zum Austausch über ethische Fragen auf globaler Ebene.

Symbolbild: unsplash.com/Compare Fibre

Eröffnet wurde die Lehrveranstaltung mit einem Gespräch zwischen dem Künstler Ai Weiwei und den LSUE-Studierenden sowie einer Ansprache von Precious Oghale Diagboya, LSUE 2018 Alumna und Doktorandin an der Universität Ibadan, Nigeria.

Die Studierenden nutzten die Gelegenheit, ihre Stimmen an Ai Weiwei zu richten. Auf die Frage, was ihn motiviert habe, die Risiken einzugehen und für seine Freiheit einzustehen, antwortete Ai Weiwei, dass es keinen «Deal - No Deal» für Menschenrechte gebe. Wenn eine ethische Notwendigkeit bestehe, gebe es kein Risiko – «Risiko» sei eine Business-Kategorie. (Im Original: «This is my life. It is not a play. When you start calculating risks, then it’s a deal – calculating is a business category. But it’s not a deal. It is about human rights or no human rights. Life will become a life only when we have human rights.») Er fügte an, dass wir in einer Zeit leben, in welcher von Individuen erwartet werde, dass sie ethische Entscheidungen zwischen Gut und Schlecht treffen. Meistens sei dies ziemlich einfach, lautet Ai Weiwei’s Fazit. Es verlange nur Mut, sich zu positionieren.

Leoluca Orlando, Rechtsprofessor und Bürgermeister von Palermo, machte sich in seiner Eröffnungsvorlesung dafür stark, dass man nicht von «Migration», sondern von «Mobilität» spreche, da «Mobilität» inklusiver und ein Menschenrecht sei. Er forderte eindringlich ein Handeln angesichts der gegenwärtigen Situation im Mittelmeer, die er als Genozid beschrieb.

Peter G. Kirchschläger, Gründer und Direktor der LSUE, verwies in seiner Einführung in Ethik in einem globalen Kontext auf die Ethik der Menschenrechte als Referenzrahmen. In einer weiteren Programmeinheit betrachtete er gemeinsam mit den LSUE-Studierenden die digitale Transformation und den Einsatz von datenbasierten Systemen aus einer ethischen Perspektive. Dabei liess er neueste Forschungsergebnisse aus seinem diese Tage erschienenen neuen Buch einfliessen.

Mona Mijthab, Gründerin des Unternehmens MOSAN (Guatemala) und Dozentin für Strategisches Design an der ZHAW, betonte die Bedeutung von «Mindsets». Es sei wichtig, sich bewusst zu machen, von welcher Denkweise das eigene Handeln geleitet werde. Wer beispielsweise mental eine Perspektive der Zusammenarbeit verinnerliche, sei viel offener dafür, Synergien und Gemeinsamkeiten zu entdecken und somit näher an einer Konfliktlösung mit anderen Parteien.

Eine der zentralen Feststellung aus dem Vortrag von Akaliza Keza Ntwari, Mitglied des UN High-Level Panel on Digital Cooperation, war, dass Kultur und Gesellschaft bisher die Entwicklungen der digitalen Welt nicht aufholen konnten und dem kulturellen Wandel besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden soll. Die Unternehmerin und Mitgründerin von «Girls in ICT Rwanda» ergänzte, dass im Rahmen dieses Prozesses zwar auch die entsprechende Gesetzgebung vorangetrieben werden muss, die kulturelle Dimension jedoch in ihrer Macht nicht zu unterschätzen sei.

Mit dem Recht und seiner Abgrenzung zur Ethik befasste sich Rechtsprofessor Gunoo Kim (Südkorea) in seiner Programmeinheit.

Ein weiterer herausragender Moment der Veranstaltung war der Beitrag des Ethikers Arne Manzeschke zum Thema «Personalisierte Gesundheit aus ethischer Sicht». Er stellte sich am Abend, im Rahmen der Veranstaltungsreihe «EthikImpulse», auch der öffentlichen Diskussion.

Abschluss der Intensiv-Lehrveranstaltung bildete ein offener Austausch der Studierenden mit IKRK-Präsident Peter Maurer über den humanitären Auftrag des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz und damit verbundenen ethischen Fragestellungen.

Ausserhalb des dicht gedrängten gemeinsamen Programms tauschten sich die jungen Forscherinnen und Forscher zusätzlich in Mentoring-Gruppen über ihre Projekte und Forschungsarbeiten aus. Auch wenn die Nachteile einer digitalen Austragung gegenüber dem Präsenzmodus deutlich spürbar waren, hat die online LSUE 2021 wichtige Brücken für die Zukunft gebaut. Schliesslich bedeutet das Ende des diesjährigen Kurses für die Studierenden zugleich den Startpunkt für die aktive Teilnahme am wachsenden Netzwerk «Building a Global Network for Sustainable Responsibility». Ein Wiedersehen im Herbst, anlässlich der Online-Konferenz mit dem Alumni/Alumnae-Netzwerk, ist bereits in Aussicht.

Ausblick auf die nächste Lucerne Summer University LSUE
Die nächste «Lucerne Summer University: Ethics in a Global Context LSUE» unter dem Patronat der UNESCO findet vom 9. - 14. Juni 2022 am Institut für Sozialethik ISE an der Theologischen Fakultät der Universität Luzern statt. Die Veranstaltung wird massgeblich von der Stiftung Mercator Schweiz unterstützt. Interessierte können sich auf der Website der LSUE für eine Vorinformation über die nächste Bewerbungsphase einschreiben.

Kontakt
Melina Fäh, Koordinatorin «Lucerne Summer University: Ethics in a Global Context LSUE» organized under the patronage of UNESCO
Tel. +41 41 229 52 27, melina.faehremove-this.@remove-this.unilu.ch