Wahlverhalten: Experiment zeigt Auswirkung von "smartvote"

Die Nutzung der Schweizer Online-Wahlhilfe "smartvote" stärkt bei den Wählerinnen und Wählern die Wahlabsicht für die meistpräferierte Partei und öffnet den Blick auf bisher nicht beachtete Alternativen. Diesen Schluss legt ein Experiment bei den nationalen Wahlen von 2011 unter Beteiligung von Forschenden der Universität Luzern nahe.

Laptop mit Online-Wahlhilfe "smartvote"
Die Nutzung von "smartvote" stärkt bei den Wählerinnen und Wählern die Wahlabsicht für die meistpräferierte Partei, so der Schluss aus einer Feldstudie.

Millionen von Wählerinnen und Wähler auf der ganzen Welt haben bereits auf Wahlinformations-Plattformen (oder Voting Advice Applications, VAAs) zurückgegriffen, um sich ihre politische Meinung zu bilden. VAAs sind Online-Tools, bei denen die Wählenden basierend auf ihren Angaben und von Algorithmen Wahlempfehlungen erhalten.

Bisher wenig bekannt zu den Auswirkungen

Bisher ist allerdings wenig bekannt, wie solche VAAs sich auf das Wahlverhalten auswirken. VAAs könnten so beispielswiese bestehende Wahlabsichten verstärken, wenn die durch sie zur Verfügung gestellten Informationen lediglich durch eine parteiische Brille interpretiert werden. VAAs haben auf der anderen Seite aber auch das Potenzial, vorgängige Meinungen aufzubrechen, indem sie andere als die anfangs präferierten Parteien als Wahlempfehlung vorschlagen. Bestehende, auf Beobachtungsdaten basierende Studien kamen bisher zu uneindeutigen Resultaten.

In einem Online-Feldexperiment bei den nationalen Wahlen 2011 mit der Schweizer Online-Wahlhilfe "smartvote" hat ein Forscherteam nun untersucht, welchen kausalen Effekt die Nutzung von VAAs auf die Wahlabsichten der Wählerinnen und Wähler hatte. Die Ergebnisse wurden vor Kurzem in einem von Prof. Dr. Alexander Trechsel mitverfassten Artikel im Wissenschaftsjournal "The Journal of Politics" veröffentlicht.

Experiment mit zwei Gruppen

Bei dem Experiment wurden zunächst Studierende vor den Wahlen zu ihrer Wahlabsicht befragt. Es folgte eine zufällige Einteilung der Studierenden in eine Experimental- und in eine Kontrollgruppe. Der Experimentalgruppe wurde danach eine Nachricht geschickt, welche auch einen Direktlink zum VAA "smartvote" enthielt. Nach den Wahlen wurde nochmals eine Befragung beider Gruppen zu ihrer Wahlentscheidung durchgeführt. Anders als bei bisherigen auf Beobachtungsdaten beruhenden Studien konnte mit dieser experimentalen Anordnung der Studie gezielt der kausale Effekt von VAAs isoliert und gemessen werden. Ähnlich also, wie wenn in medizinischen Studien einer Experimentalgruppe ein Medikament und der Kontrollgruppe ein Placebo verabreicht wird.

Stärkung der Präferenz und neue Optionen

Die Resultate der Studie legen nahe, dass die Nutzung der Schweizer Online-Wahlhilfe "smartvote" bei Wählerinnen und Wählern die Wahlabsicht für die meistpräferierte Partei stärkte. Die meisten Personen blieben also bei der Wahl der bereits anfangs präferierten Partei. Hier stärkte die Benutzung des VAAs die bisherige Meinung und Wahlabsicht sogar.

Die Nutzung einer VAA erhöhte aber auch die Anzahl der überhaupt erst als Wahloption in Betracht gezogenen Parteien. Die meisten Wähler blieben zwar bei der anfangs präferierten Partei, ähnliche Alternativen zu dieser Partei wurden durch die Nutzung der VAA aber überhaupt erst sichtbar und als Wahloption in Betracht gezogen.

Die Resultate der Studie zeigen auf, dass VAAs das Wahlverhalten beeinflussen und damit eine wichtige Rolle in politischen Wahlen spielen können. Sie können sowohl Wahlabsichten verstärken sowie auch auf mögliche Wahlalternativen aufmerksam machen, so die Autoren.

 

Pianzola, Joëlle; Trechsel, Alexander H.; Vassil, Kristjan; Schwerdt, Guido; Alvarez, R. Michael (2019): The Impact of Personalized Information on Vote Intention: Evidence from a Randomized Field Experiment. In: The Journal of Politics, DOI: 10.1086/702946.