Verhaltens­­wissenschaften und Psychologie: erste Professuren ausgeschrieben

Derzeit wird intensiv am Aufbau der neuen Fakultät gearbeitet. Mit den Berufungen auf die ersten Professuren steht ein wichtiger Schritt bevor, erklärt der Planungsbeauftragte Prof. Dr. Fred Mast.

Fred Mast
Fred Mast, Planungsbeauftragter Verhaltenswissenschaften und Psychologie (Foto: Manu Friedrich)

Fred Mast, im vergangenen Herbst hat der Kantonsrat das revidierte Universitätsgesetz verabschiedet und damit die Rechtsgrundlage für eine neue Fakultät für Verhaltenswissenschaften und Psychologie geschaffen. Was ist seither passiert?

Fred Mast*: Es wurden wichtige organisatorische und strukturelle Grundlagen geschaffen und vorangetrieben. Die ersten drei Professuren wurden international ausgeschrieben, und gegenwärtig gehen die Bewerbungen ein. Ebenfalls wurden Stellen für das Fakultätsmanagement und die Kommunikation besetzt. Zudem wurde und wird intensiv am Aufbau des Studienganges in Psychologie gearbeitet.

Was sind die nächsten Schritte beim Aufbau der neuen Fakultät?

Momentan schaffen wir die verschiedenen Strukturen und somit die Voraussetzungen für die Aufnahme des Lehr- und Forschungsbetriebes. Der nächste Schritt ist in der Tat enorm wichtig: die ersten Berufungen von Professorinnen und Professoren. Es sind die neuen Professorinnen und Professoren und ihre Teams, die der Fakultät ein Gesicht geben werden. Sie sind es, die an der Universität Luzern die spezifischen Forschungsausrichtungen ausgestalten, neue Kollaborationen bilden und die Lehrveranstaltungen halten werden.

Welche drei Professuren werden zuerst besetzt und warum?

Der Aufbau erfolgt etappenweise und richtet sich nach dem Bedarf der jeweiligen Studienjahre des Bachelorstudienganges. Gegenwärtig laufen die Ausschreibungen in Kinder- und Jugendpsychologie, Rechtspsychologie und Klinischer Psychologie. Im nächsten Jahr wird eine Professur in Rehabilitationspsychologie ausgeschrieben, und im darauffolgenden Jahr erfolgt die Ausschreibung von zwei weiteren Professuren. Der schrittweise Aufbau erlaubt uns, die Besetzung der Professuren gut abzustimmen und somit mögliche fachliche Überlappungen zu verhindern.

Bis wann wird die Fakultät fertig aufgebaut sein?

Im Herbst 2027 wird der Aufbau abgeschlossen und der Vollbestand des akademischen Personals erreicht sein. Zu diesem Zeitpunkt beginnt der Masterstudiengang mit mindestens drei Möglichkeiten zur fachlichen Vertiefung. Im Jahr 2029 werden erstmals Studierende des Masterstudiums abschliessen.

Der Start des Psychologie-Bachelors ist für das Herbstsemester 2024 vorgesehen. Was wird diesen Studiengang auszeichnen?

Eine gut ausgewogene und solide Vermittlung der Grundlagen des Faches, eine fundierte Ausbildung in Forschungsmethoden und Statistik sowie einige praxisrelevante und anwendungsorientierte Übungen wie zum Beispiel Gesprächsführung und Interviewtechniken. Die in Vorlesungen vermittelten Lehrinhalte werden in Kleingruppen vertieft, und wir werden uns am Leitbild der persönlichen Universität orientieren. Auch gesellschaftlich relevante Inhalte wie zum Beispiel die Umweltpsychologie werden wir thematisch im Bachelorprogramm einbinden.

Wem empfehlen Sie das Studium der Psychologie?

Ein Interesse am menschlichen Verhalten und Erleben ist absolute Voraussetzung. Kaum ein anderer Studiengang bietet so viele interdisziplinäre Verknüpfungen, von den Erkenntnissen der Neurowissenschaften zu den psychologischen Testverfahren, von der Psychopathologie bis zu den Grundlagen des Entscheidungs- und Risikoverhaltens. Der universitäre Studiengang ist forschungsnah, und dies erfordert ein Interesse daran, wie man Wissen gewinnt. Deswegen sind Statistik und Forschungsmethoden ein substanzieller Teil der Grundausbildung, und die Studierenden benötigen eine Bereitschaft, sich darauf einzulassen.

Erwarten Sie ein grosses Interesse am neuen Studiengang?

Das Interesse am Fach Psychologie ist bei jungen Menschen nach wie vor sehr gross. Der Faktor Mensch kommt nicht aus der Mode. Ganz im Gegenteil. Wie Menschen entscheiden, bestimmt über Krieg oder Frieden, Gewinn oder Insolvenz oder über einen sorglosen oder nachhaltigen Umgang mit Ressourcen. Man wird sich mehr und mehr bewusst, dass die Psychologie bei allen gesellschaftlich relevanten Fragen eine zentrale Rolle spielt.

Was sind die Berufsperspektiven?

Um als Psychologin oder Psychologe tätig zu sein, benötigt man einen Masterabschluss. Die Berufsfelder von Psychologinnen und Psychologen sind sehr vielseitig, was auch das Ergebnis einer soliden und breiten Ausbildung ist. Typische Einsatzbereiche sind die Schulpsychologie, Psychotherapie, Human Resources, soziale Dienste und die öffentliche Verwaltung. Auch in der Privatwirtschaft werden Psychologinnen und Psychologen zunehmend von Unternehmen rekrutiert, unter anderem wegen ihrer guten Methoden- und Statistikkenntnisse oder wenn es darum geht, moderne Technologien so einzusetzen, dass sie dem Menschen Vorteile bieten.

Welche Perspektiven bieten die geplanten Master-Vertiefungen?

Die drei Vertiefungen im Masterprogramm in Kinder- und Jugendpsychologie, Rechtspsychologie und Rehabilitationspsychologie ergänzen sehr gezielt das bestehende Angebot anderer Universitäten der Schweiz. Als gut ausgebildeten Fachpersonen werden sich den Absolventinnen und Absolventen interessante Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt bieten.

Welche Aktivitäten sind im Bereich Verhaltenswissenschaften geplant?

Im Zentrum steht gegenwärtig der Aufbau eines verhaltenswissenschaftlichen Forschungslabors. Die Verhaltenswissenschaften bilden eine verbindende Klammer, die Interessen der Fakultäten in Form konkreter Forschungsprojekte vereinen kann. Mithilfe des neuen Labors sollen konkurrenzfähige Forschungsprogramme lanciert und umgesetzt werden können. In einem weiteren Schritt können Wahllehrveranstaltungen, ein Minor-Studiengang oder öffentliche Vorlesungsreihen entstehen.

Was soll in diesem Labor erforscht werden?

Die Universität Luzern hat ein humanwissenschaftliches Profil, und dies erfordert, dass man in sämtlichen Forschungsmethoden der Humanwissenschaften ausbilden und diese auch aktiv einsetzen kann. Was die Psychologie anbelangt, so werden verschiedene Methoden eingesetzt, von Befragungen und Interviews bis hin zu Experimenten und Simulationen. Das neue Labor wird den experimentellen Teil abdecken. Es werden dort Qualifikationsarbeiten wie Master- und Doktorarbeiten durchgeführt sowie natürlich durch Drittmittel geförderte Forschungsprojekte. Zudem wird das Labor im Rahmen eines «Experimentalpraktikums» in der Grundausbildung der Studierenden eingesetzt. Die konkreten Projekte bringen die Forschenden ein, aber naheliegend sind zum Beispiel die Erfassung des Blickverhaltens, Interaktionen in virtueller Realität oder das Entscheidungsverhalten einzelner Personen oder von Gruppen.

Wer kann das Forschungslabor nutzen?

Das verhaltenswissenschaftliche Forschungslabor steht allen Mitgliedern der Universität zur Verfügung, und andere Fakultäten haben bereits ein grosses Interesse signalisiert und wirken beim Aufbau mit. Das Labor wird auch den anderen Luzerner Hochschulen offenstehen.

* Prof. Dr. Fred Mast ist Professor für Psychologie an der Universität Bern und Planungsbeauftragter Verhaltenswissenschaften und Psychologie an der Universität Luzern. In dieser Funktion plant und leitet er den Aufbau der neuen Fakultät.

Mit dem Inkrafttreten des revidierten Universitätsgesetzes besteht seit dem 1. Februar auch die neue Fakultät für Gesundheitswissenschaften und Medizin (Newsmeldung).