Forderung nach einem «Right to Customization»

Online-Dienste verlangen in der Regel eine Zustimmung zu ihren Nutzungsbedingungen. Sonst kann der Dienst nicht genutzt werden. Vor diesem Hintergrund fordert Zaïra Zihlmann mit Forschenden der Universität St. Gallen ein «Right to Customization», also ein Recht auf Anpassung von Online-Diensten.

Die Nutzungsbedingungen von Online-Diensten sind oft als binäre Option konstruiert, also als eine «Nimm es oder lass es»-Entscheidung: Entweder die Nutzenden stimmen den Datenverarbeitungspraktiken des Anbieters zu und erhalten Zugang zu dem Dienst oder sie stimmen nicht zu und können diesen nicht nutzen. Vor diesem Hintergrund fordert Zaïra Zihlmann, Doktorandin und wissenschaftliche Assistentin an der Professur für Internationales Wirtschafts- und Internetrecht, gemeinsam mit Dr. Aurelia Tamò-Larrieux, Dr. Kimberly Garcia und Prof. Dr. Simon Mayer von der Universität St. Gallen in ihrem Konferenzbeitrag «The Right to Customization: Conceptualizing the Right to Repair for Informational Privacy» ein Recht auf Anpassung von Online-Diensten. Dieses soll Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit geben zu verlangen, dass digitale Dienste ihren Datenschutzbedürfnissen entsprechend angepasst werden.

Die interdisziplinäre Forschungsgruppe stützt ihre Forderung auf das Konzept «Datenschutz durch Technik». Dabei orientiert sie sich einerseits am Recht auf Reparatur, womit beispielsweise Hersteller von Computern dazu gezwungen werden sollen, die Reparatur ihrer Geräte zu ermöglichen, und anderseits am Recht auf Datenportabilität, welches der Umsetzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung über personenbezogene Daten dient. Schliesslich präsentieren die Autorinnen und Autoren zwei Ansätze, die das Recht auf Anpassung technisch ermöglichen würden: «Varianten» und «Alternativen». Bei ersterem erstellen die für die Datenverarbeitung Verantwortlichen einen Katalog von Varianten von Datenverarbeitungsvorgängen und die Userinnen und User können eine Variante auswählen. Beim zweiten Ansatz behalten Nutzende die Kontrolle über ihre Daten, gewähren den Datenverarbeitern aber Zugriffs- und Verarbeitungsrechte für bestimmte Teile ihrer persönlichen Daten, die in einem sogenannten Daten-Pod gespeichert sind.

In der Praxis würde das beispielsweise bedeuten, dass bei Sprachassistenten nicht mehr einfach den Nutzungsbedingungen zugestimmt werden müsste, sondern dass aufgrund des Rechts auf Anpassung vom Datenverarbeiter verlangt werden könnte, dass bestimmte Einschränkungen für den Dienst gelten. Etwa dass die Aufnahme von Stimmen zu einer bestimmten Tageszeit eingeschränkt wird oder dass Aufnahmen von Kinderstimmen vor den Cloud-Uploads zu entfernen sind. In diesem Szenario müsste der Datenverarbeiter entweder eine Variante erstellen, welche die Anpassungswünsche der Nutzenden umsetzt, oder den Einsatz eines anderen Dienstes ermöglichen, der diese Anpassungen vor dem Upload der Daten vornimmt.

Die Forschenden sind sich indessen bewusst, dass ein solches Szenario für den Datenverarbeiter mit Kosten verbunden ist und ein Recht auf Anpassung nicht uneingeschränkt gefordert werden kann. Um diesbezüglich differenziertere und konkretere Kriterien entwickeln zu können, möchten die Autorinnen und Autoren eine Diskussion zwischen den verschiedenen Akteuren anregen.

«More Data Autonomy through the Right to Customization» (Video Universität St. Gallen)

Konferenzbeitrag (Springer-Verlag)