4. Tagung zum Recht und Management der Energiewirtschaft

Am 28. Januar 2021 fand, aufgrund der Coronapandemie zum ersten Mal in digitaler Ausgabe, unter der Organisation von Herrn Prof. Dr. Sebastian Heselhaus und Herrn Dr. Markus Schreiber die vierte Tagung zum Recht und Management der Energiewirtschaft statt.

Die Tagung war Bestandteil der Forschung an der Luzerner Kompetenzstelle für Energierecht (Competence Center for Energy Law Lucerne, CELL), des Zentrums für Recht und Nachhaltigkeit (Center for Law and Sustainability, CLS) sowie des Instituts für Wirtschaft und Regulierung (WiRe) an der Universität Luzern.

Rechtliche Herausforderungen lokaler Peer-to-Peer-Märkte

Als erster Referent führte PD Dr. Goran Seferovic, Rechtsanwalt und Lehrbeauftragter für öffentliches Recht an der Universität Luzern und an der Hochschule ZHAW School of Management and Law, in die Tagung ein. Er veranschaulichte am Beispiel des Pilotprojekts „Quartierstrom“ in Walenstadt die rechtlichen Herausforderungen lokaler Peer-to-Peer-Märkte. Nach einer kurzen Vorstellung des durch das BFE unterstützten Projekts erläuterte der Referent den Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) nach geltendem Recht (insbesondere Art. 14 EnV) und die damit verbundenen Hindernisse (keine Möglichkeit der Inanspruchnahme der Verteilnetzte, Erfordernis der angrenzenden Grundstücke, Netznutzungsentgelt). Nach Ausführungen zu Besonderheiten bei Peer-to-Peer-Systemen schloss der Referent mit einem Ausblick auf die Revision des StromVG und des EnG und die damit verbundenen Änderungen in Bezug auf ZEV.

Informatorische Entflechtung des Netzbetriebs gemäss Kartell- und Stromversorgungsrecht

Dr. Josianne Magnin ist Rechtsanwältin bei Schärer Rechtsanwälte und Oberassistentin an der Universität Luzern. Sie thematisierte die informatorische Entflechtung des Netzbetriebs gemäss Kartell- und Stromversorgungsrecht. Die Referentin steckte die Ausgangslage, die Marktmacht von integrierten Unternehmen im Netzbereich, ab und betrachtete diese sowohl aus dem Blickwinkel des Kartell- wie auch des Stromversorgungsrechts. Die Referentin ging dabei jeweils zuerst auf die gesetzlichen Vorgaben (Art. 7 KG und Art. 10 Abs. 2 StromVG) ein und präsentierte anschliessend die verschiedenen daraus folgenden Verfahren. Sodann veranschaulichte die Referentin die informatorische Entflechtung gemäss KG und StromVG mit Fällen aus der Praxis.

Smart Contracts aus datenschutzrechtlicher Sicht

Zum Abschluss des ersten Teils referierte Dr. Michèle Balthasar, Rechtsanwältin und Head Data Privacy und Legal bei der Swiss Infosec AG, über Smart Contracts aus datenschutzrechtlicher Sicht. Nach einer Begriffsbestimmung (Smart Contracts seien nicht mit rechtsgültigen Verträgen zu verwechseln) und einer kurzen Ausführung zu Blockchains als Anwendungsfall der Smart Contracts erläuterte sie die Rechtsgrundlagen (unter anderem allgemeines Vertragsrecht, Datenschutzrecht, regulatorische Grundlagen). Im Detail ging die Referentin auf die durch den Datenschutz vor Bearbeitung geschützten Personendaten sowie die datenschutzrechtliche Verantwortung ein und zeigte auf, inwiefern Datenbearbeitungen auf der Blockchain kompatibel mit den Datenbearbeitungsgrundsätzen sind. In der Praxis zeige sich häufig auch die fehlende Durchsetzbarkeit der Ausübung der Betroffenenrechte (etwa durch fehlende Verantwortlichkeit oder Einwilligung).

Zusammenschluss zum Eigenverbrauch - praktische Erfahrungen nach 2 Jahren

Den zweiten Block leitete Patrick Baumgartner, Rechtsanwalt und Senior Legal Counsel bei den CKW Centralschweizerischen Kraftwerke AG, mit praktischen Erfahrungen mit dem Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) ein. Nach dem Aufzeigen der Voraussetzungen für eine ZEV führte der Referent die rechtlichen Grenzen innerhalb der ZEV aus. Der Referent ging des Weiteren auf die Frage ein, wie verbreitet der Eigenverbrauch in der Praxis ist und thematisierte zum Schluss die praktischen Themenfelder der räumlichen Ausdehnung, des (Rück-)Baus von Netzelementen, des Mieterschutzes, der Wirtschaftlichkeit sowie des Contracting.

Aktuelle Rechtsprechung und Entwicklungen im Netzausbau

Marion Zumoberhaus ist Wissenschaftliche Assistentin an der Universität Luzern am Lehrstuhl von Prof. Heselhaus und war Mitarbeiterin im bis Ende 2020 von der schweizerischen Agentur für Innovationsförderung Innosuisse geförderten Energieforschungsprojekt SCCER CREST. Die Referentin informierte über die Rechtsprechung im Bereich des Netzausbaus. Nach einer Einführung zur Funktionsweise der Stromnetze sowie der Energiestrategie 2050, der Strategie Stromnetze und der Stromleitungsprojekte des Übertragungsnetzes stellte die Referentin die einschlägige Rechtsprechung vor. Anhand verschiedener Entscheide des Bundesverwaltungs- sowie des Bundesgerichts zeigte sie die Hindernisse und Probleme in diesem Bereich auf. Als von grosser Bedeutung ordnet sie die technischen und betrieblichen Schwierigkeiten von Verkabelungen, die bei (Teil-)Verkabelungen in der Regel unverhältnismässig hohen Kosten und die Zusammenführung mit SBB-Leitungen ein. Unabhängig davon sei zudem immer eine Prüfung im Einzelfall erforderlich und die zeitliche Dringlichkeit mitentscheidend.

Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland

Prof. Dr. Anja Hentschel, Professorin für Umwelt- und Energierecht an der Hochschule Darmstadt, referierte im Anschluss zum Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland. Sie berichtete zum Anfang über die Förderung durch das EEG 2021 (Erneuerbare-Energien-Gesetz) und in diesem Rahmen detaillierter über die neuen Zielvorgaben und deren Absicherungen, den Umgang mit ausgeförderten Anlagen sowie über negative Preise. Weiter ging die Referentin auf die Änderungen für die Windenergie (regionale Steuerung, finanzielle Teilhabe von Gemeinden) sowie für die Solarenergie (Ausschreibungssegmente und Mieterstrom) ein.

Kartellrechtliche Liberalisierung des Gasmarktes - Die Auswirkungen der WEKO-Verfügung "Netzzugang EGZ und ewl"

Zum Abschluss der Tagung informierte David Mamame, Rechtsanwalt und Partner bei Schellenberg Wittmer AG Rechtsanwälte sowie Lehrbeauftragter an der Universität Luzern für Kartellrecht, über die kartellrechtliche Liberalisierung des Gasmarktes. Ausgangslage bot die Verfügung der WEKO vom 25. Mai 2020. Anhand der gesetzlichen Grundlagen leitete der Referent in die Thematik ein und erläuterte die generelle Transportpflicht (Art. 13 Rohrleitungsgesetz) sowie die sektorielle Spezialregelung (Art. 7 Kartellgesetz). Der Referent diskutiert weiter die „Regulierung“ durch die WEKO und das Ergebnis dieser „Liberalisierung“ und kommt zum Schluss, dass diese doch eine gewisse Unklarheit für den Markt bringe. In der Sache habe die WEKO eine klare Stossrichtung getroffen, der Gesetzgeber sei aber weiterhin frei in der Ausgestaltung des Gasversorgungsgesetzes.

Fazit

Die Organisatoren blicken auf einen erfolgreichen Tag mit vielen anregenden Vorträgen, interessanten Diskussionen und Teilnehmenden aus verschiedensten Tätigkeitsbereichen zurück und sehen gespannt der Energierechtstagung im nächsten Jahr entgegen. Die Beiträge der diesjährigen Tagung werden im Dike-Verlag als Teil der Schriften zum Energierecht (SzE) erscheinen.

Als Sponsorin unterstützt die CKW (Centralschweizerische Kraftwerke AG) unsere Veranstaltung finanziell sowie ideell und dies seit der ersten Energierechtstagung im Jahr 2017. Dafür danken wir ganz herzlich.