Ökumene will neu gelernt sein

Wie kann christliches Grundwissen angesichts der zunehmenden Vorbehalte gegenüber den Kirchen vermittelt werden? An einer interdisziplinären Tagung an der Universität Luzern wurde diesen Fragen auf den Grund gegangen. Fazit: Für die christlich-religiöse Bildung in der Schweiz drängt sich eine ökumenisch verantwortete Herangehensweise geradezu auf.

 

 

Beim Thema «Ökumenisch lernen, Ökumene lernen» biete die Universität Luzern beste Voraussetzungen, sagte Professorin Margrit Wasmaier-Sailer in ihrem Grusswort zur Tagung Anfang Februar. Denn mit dem Ökumenischen Institut (ÖI) und dem Religionspädagogischen Institut (RPI) verfüge die Universität über zwei wichtige Pfeiler für eine interdisziplinäre Herangehensweise.

Die Fragestellung wurde in Luzern aus systematisch-theologischer, historischer und religionspädagogischer Sicht diskutiert, um abschliessend in einem konfessionsübergreifenden kirchenpolitischen und pädagogischen Diskurs den Blick nach vorn zu richten. Dies war nötig, denn nach einer Hochblüte der Ökumene im letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts zeigte sich bald, dass die Kirchen sich im Zug der gesellschaftlichen Veränderungen mehr und mehr auf ihre eigenen Befindlichkeiten zurückziehen.

Auf die Haltung kommt es an

Ökumene wird dabei zu einem «Sonderthema», wie es Professorin Nicola Ottiger, Leiterin des ÖI, bezeichnete. Dabei wären die Voraussetzungen gut, um gerade in einer Zeit, in der sich alle Kirchen mit einem Rückgang an gesellschaftlicher Verankerung konfrontiert sehen, gemeinsam zu handeln. Pfarrerin Bettina Lichtler zitierte dazu aus einem Zürcher Ökumenebrief von 1997, in dem deutlich festgehalten wurde, dass die Konfessionen viel mehr verbinde als trenne und damit eigentlich das Trennende zu begründen sei.

Ob im Religionsunterricht, der Erwachsenenbildung, der Diakonie, dem Gottesdienst oder dem Gebet: Was an ökumenisch verantworteter Seelsorge heute angeboten werde, hänge stark von der persönlichen Glaubenshaltung der Seelsorgenden und Pädagog:innen ab. Professor Christian Höger, Leiter des RPI, nutzte den Anlass denn auch zu einem Aufruf an die Deutschschweizerische Ordinarienkonferenz, die Berufsprofile und Ausbildungskriterien im Bereich Religionspädagogik zu schärfen.

Religiöse Sprachfähigkeit bilden

Dass die Schweiz mit ihrer föderalistischen Struktur hier nicht allein gefordert ist, machte Jan Woppowa, Professor für Religionspädagogik an der Universität Paderborn, deutlich. Der Überblick über die Lage in Deutschland zeigte aber auch, dass selbst ein verfassungsmässig verankerter Religionsunterricht keine Garantie für einen «Mehrwert für die Kirchen» bedeute. Vielmehr gehe es zuerst darum, Lernenden eine «religiöse Sprachfähigkeit» zu ermöglichen.

Im Schlusspodium wurde festgestellt, dass ökumenisches Lernen eine Wiederbelebung brauche, und das gleich auf mehreren Ebenen. Evelyn Borer, Präsidentin der Synode der EKS, sieht dabei Handlungsbedarf sowohl in der Politik, damit der Religionsunterricht in den Schulen weiterhin anerkannt und mitfinanziert werde, wie auch in der Seelsorge, in der christliche Bildung ökumenisch verantwortet werden muss.

Martin Spilker, Journalist, Mitglied des Institutsrats des Ökumenischen Instituts Luzern

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