«Die Krisen setzen sich fort»

Das Thema der diesjährigen Otto-Karrer-Vorlesung vom 28. September mit Melinda Nadj Abonji, «Was Krisen uns erzählen», steht seit bald einem Jahr fest. In der Zwischenzeit hat es an Relevanz gar noch zugenommen.

Prof. Dr. Nicola Ottiger, Professorin an der Theologischen Fakultät und Leiterin des Ökumenischen Instituts Luzern, gibt im Kurzinterview Einblicke in die Planung der diesjährigen Otto-Karrer-Vorlesung und erklärt, weshalb die Veranstaltung hochaktuell ist.

Foto Nicola Ottiger
Prof. Dr. Nicola Ottiger

Nicola Ottiger, der Titel der Vorlesung lautet «Was Krisen uns erzählen». Warum wurden Frau Abonji und ihr Thema gewählt?

Nicola Ottiger: Seit 2020 ist unser Leben nicht mehr so, wie es war. Die Corona-Krise ist ein Jahrhundert-Ereignis, das uns im privaten und gesellschaftlichen Bereich einiges abverlangt hat. Obwohl man jetzt am liebsten zur Tagesordnung übergehen möchte, sollten wir uns fragen, was diese Krise mit uns gemacht hat. Sie ruft nach einer tiefgreifenden Auseinandersetzung. Das Anliegen war, eine kluge Stimme zu gewinnen, die dazu substanziell etwas sagen kann. Melinda Nadj Abonji ist eine solche. Als Schriftstellerin und Kulturschaffende setzt sie sich schon seit Langem mit Themen wie Imagination und Verantwortung, Krisen und Konflikten auseinander. In der Corona-Krise hat sie sich schon früh geäussert und sich mit eigenen Initiativen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt stark gemacht. Die Vorlesung geht den Herausforderungen nach, mit denen wir uns in Krisenzeiten alle konfrontiert sehen – sei es in der Gesellschaft, in der Kirche oder der Politik.

Wieso gibt es diese Vorlesung, was ist ihr Ziel?

Die öffentliche Otto-Karrer-Vorlesung der Theologischen Fakultät Luzern gibt es seit zwanzig Jahren. Sie erinnert an den grossen Luzerner Theologen und Seelsorger Otto Karrer (1888–1976), der für die Ökumene in der Schweiz und weltweit unschätzbare Dienste geleistet hat. Ökumene führt heute über binnentheologische Fragen hinaus. Namhafte Persönlichkeiten aus Kirche und Gesellschaft formulieren für eine breite Öffentlichkeit Anstösse zu Fragen der Ökumene, das heisst zur Zukunft des christlichen und interreligiösen Miteinanders sowie zu einer weltoffenen und gerechten Gesellschaft.

Was wird besonders an dieser Vorlesung? Was finden Sie persönlich wichtig?

Wir haben mit der Planung der diesjährigen Vorlesung schon vor einem Jahr angefangen und das Thema ausgewählt. Als die Referentin bereits angefragt war, hat der Krieg gegen die Ukraine begonnen. Die Krisen setzen sich fort, und das Thema der Vorlesung hat damit an Relevanz noch zugenommen. Als ungarisch-schweizerische Schriftstellerin hat Melinda Nadj Abonji sowohl durch ihren biografischen Hintergrund als auch über ihre internationalen Kontakte eine Nähe zu den Ereignissen und Umwälzungen im europäischen Osten. Ich persönlich freue mich, dass erstmals eine Kulturschaffende die Otto-Karrer-Vorlesung halten wird, und besonders auf die Sprachkunst von Melinda Nadj Abonji.

«Was Krisen uns erzählen»

Otto-Karrer-Vorlesung 2022 mit Melinda Nadj Abonji
28. September, 18.15 Uhr, Jesuitenkirche Luzern
Mehr Informationen und Anmeldung (bis spätestens 20. September)